Wie er zu seiner Lizenz kam, wollte er nicht verraten; er begnügte sich in der Öffentlichkeit mit einem Dank bei Yuri Brazhenko, dem Präsidenten der Handelsfirma "Moscow-Boston International Ltd." - und er sorgte für Rückendeckung durch die allmächtige ARRL. Erst als im Dezember 1990 von dort grünes Licht für die Anerkennung der geplanten Operation kam, von Ed Kritsky NT2X die Zusage der weltweiten Koordinierung, aus Japan und den USA finanzielle Unterstützung und von der Firma MBI ein uneingeschränkter Kreditrahmen, konnte das Unternehmen starten.
Romeo nahm als Partner seinen Freund Valery ("Larry"), YL1WW, von der Klubstation in Riga mit. Am 31. Dezember 1990 flogen die beiden von Moskau ab - und landeten zwei Stunden später in Taschkent. Die russische Militärmaschine hatte ihren Kurs geändert. Erst am 2. Januar 1991 konnte ein "halb-militärischer" Flug nach Kabul angetreten werden. Die am Flughafen erwartete sowjetische Abordnung war ausgeblieben, aufgrund einer Kommunikationslücke, und nicht die erste unangenehme Überraschung, wie sich bald zeigen sollte: Beim Auspacken der Ausrüstung auf dem sowjetischen Komplex in der Stadt stellte sich heraus, dass in Taschkent die meisten Antennen und einige Geräte gestohlen worden waren.
Selbst die Sowjets wagten sich nach 21 Uhr nicht mehr auf die Straße, ab 22 Uhr herrschte Ausgangsverbot, und von da an wurde auf jeden Passanten ohne Vorwarnung geschossen, regierungsfeindliche Kräfte waren auf 30km an die Stadt herangerückt und nahmen sie unter Dauerbeschuss - alles andere als eine günstige Ausgangslage. Wer irgendwo eine Antenne errichten wollte, wurde automatisch zur Zielscheibe aller kämpfenden Parteien. Kein Wunder, dass der sowjetische Botschafter seine Zustimmung zum Aufbau der Station auf von seinen Landsleuten kontrolliertem Gelände untersagte. Dazu kam, dass die Lizenz nicht vom Kommunikationsministerium ausgestellt worden war, sondern von einem hochrangigen Regierungsmitglied - dessen Namen Romeo nie preisgegeben hat.
An offizielle Unterstützung war nicht zu denken - also beschlossen Romeo und Larry, auf eigene Faust zu handeln. Am 5. Januar fanden sie einen Unterschlupf in einem Vorort Kabuls. Larry baute drei Meter über Grund eine fast unsichtbare Loop-Antenne aus dünnem Draht auf - alles andere wäre Selbstmord gewesen -, und damit wurden auf 10m die ersten QSOs gefahren, mit 100 Watt, denn das Geräusch eines Generators hätte unerwünschte Neugierige angezogen. In der Folge wechselte das Team insgesamt vierzehn Mal den Standort, von komfortablen Einfamilienhäusern bis zu primitiven Erdlöchern. Neunzig Prozent der Verbindungen wurden mit der "Afghani Special" getätigt, einem 21 m langen Draht, auf den zur Tarnung Wäsche zum Trocknen aufgehängt war. Ohne Antennentuner (der war in Taschkent gestohlen worden) ließ sich damit auf allen Bändern arbeiten. Nur kurzeitig gelang es, eine Quad für 10 und 15 m, eine Yagi für 20 m sowie Antennnen für 6 m, 160 m und die WARC-Bänder in Betrieb zu nehmen; das Risiko war zu groß. Schon am dritten Tag hatte der TS440 den Geist aufgegeben, wenig später kapitulierte die FL-2100-Endstufe vor den Schwankungen der afghanischen Netzspannungen. Von nun an wurde der verbliebene IC-726 mit einer sowjetischen Eigenbau-Endstufe kombiniert, und dieses Gespann bewährte sich - auch, als aus Geldmangel der Honda-2800-Generator verkauft werden musste. Sank die Netzspannung unter 180 V, kamen von der Taste nur noch Punkte, aber keine Striche - und wieder einmal musste ein neuer Standort gefunden werden. An den beiden letzten Tagen gelang dennoch das Kunststück, sogar einige QSOs in RTTY zu führen.
Die Expedition wurde am 21. Januar 1991 mit dem Rückflug nach Moskau beendet - und mit 31.128 Verbindungen im Logbuch.


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