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oe1_dc_2022

ORF Ö1 – #doublecheck

oe1_dc_2022zoomWie wird über die Medien Politik gemacht, wer profitiert? Worüber spricht das Netz, und was davon sollte uns interessieren?
Archivnummern: AP/m_mm1/oe1_dc_2022_(Sendedatum)
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Datum Inhalt Dauer
07.01 Doublecheck Der Newsroom und der Neue Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Seit wenigen Tagen steht der ORF unter der Führung von Roland Weißmann, der mit seinem Team - auf das der Neue oft und gern verweist - eine Prioritätenliste für die ersten Monate vorgelegt hat. Ganz oben steht die für Juni geplante Besiedelung des neuen multimedialen Newsrooms, was nicht mehr und nicht weniger als die komplette Neuaufstellung der ORF-Information bedeutet. Fernsehen, Radio, Online und Social Media in einem gemeinsamen Redaktions-Neubau im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg in Wien. Die Sorge intern wie extern ist, dass die unterschiedlichen Zugänge der Medien zu Themen mit dieser integrierten Lösung auf der Strecke bleiben könnten. Weißmann magaziniert die ZIB auf Versprochen hat die neue ORF-Führung in der Antrittsbotschaft eine neue Unternehmenskultur, so wird eine eigene Stabsstelle eingerichtet, die Change-Prozesse im Haus unterstützen soll. Vorerst ist davon noch nicht viel zu spüren, im Gegenteil: Weißmann hat durch überfallsartige organisatorische Änderungen im Bereich der Fernseh-Magazine - das mit den meisten personellen Ressourcen soll zur ZIB wandern - die betroffenen Redakteurinnen und Redakteure gegen sich aufgebracht. Das alles passiert, während die Leitung der Hauptabteilung - die bisherige Magazine-Chefin Waltraud Langer ist neue Landesdirektorin in Salzburg - noch vakant ist. Die besten Chancen auf den Posten hat Lisa Totzauer, eine Unbequeme, die sich neben Weißmann und Vorgänger Alexander Wrabetz für den ORF-Chefposten beworben hat. Ministerin der ewigen Baustellen Die neue Medienministerin Susanne Raab von der ÖVP wird daran gemessen werden, wie ernst sie die Medienpolitik neben all ihren anderen Aufgaben nimmt. Ob die Inseratenvergabe der Regierung nach der Medienkorruptionsaffäre, über die Sebastian Kurz gestolpert ist, endlich an Kriterien gekoppelt und transparenter wird. Ob eine neue Medienförderung nach Qualität kommt. Und ob die seit Jahren diskutierte Digitalnovelle für den ORF bald vorliegt. Viele Medienminister sind daran gescheitert, kann ausgerechnet eine Newcomerin das schaffen? Außerdem: Lässt die ÖVP vom System der Message Control ab? Und wie eng werden ORF und Privatmedien unter dem neuen ORF-Chef Weißmann zusammenarbeiten - und wer profitiert? Wie Spitze ist die spitze Homebase? FM4 ist die Gerüchte schon gewohnt. Immer wieder ist von einem möglichen Aus die Rede, als zu urban und zu links gilt der Popkultur-Sender. Kritiker werfen FM4 vor, nicht mehr jugendlich genug zu sein. "Zu spitz" in der Positionierung sei FM4, schrieb auch der neue Generaldirektor Roland Weißmann in seiner Bewerbung. Für FM4-Fans macht aber genau das den Sender aus. Es sei ein grobes Missverständnis zu glauben, dass man aus der Popkultur herauswachse wie aus der Pubertät und dann auf einmal "Bach und Brahms" hören will, sagt FM4-Kenner Thomas Weber. Und für die österreichische Musikszene, die internationale Erfolge feiert, war FM4 nichts weniger als der "Götterfunke". 24:58
04.02 Watschen für den Journalismus Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Nebenvereinbarungen der politischen Parteien von ÖVP über FPÖ bis hin zu den Grünen betreffend Postenbesetzungen im ORF haben vor einer Woche wie eine kleine Bombe eingeschlagen. Alle hatten Grund zur Vermutung, dass es solche Sideletters gibt. Jetzt ist es dokumentiert. Und es ist klar: Das sind zum Teil klar rechtswidrige Aktionen gegen die Unabhängigkeit des ORF. Parteien wollen Einfluss, sie wollen Druck auf die Berichterstattung ausüben können, wenn ihnen die nicht passt. Druck auf Journalisten generell gibt es zunehmend auch über Einschüchterung und Klagen. Klagen stehlen Zeit für Recherche SLAPP - "Strategic Lawsuits Against Public Participation". Ein kompliziertes Akronym, hinter dem eine gefährliche Entwicklung steckt. Einschüchterungsklagen gegen Redaktionen und Aktivistinnen und Aktivisten fassen auch in Österreich Fuß. Eine Klage gegen die Recherche-Plattform "Dossier" durch den teilstaatlichen Öl-Konzern OMV vergangenes Jahr war nur der Anfang, von "Schurkenmethoden" spricht Thomas Walach, Chefredakteur des Pilz-Mediums "Zackzack", das ebenfalls mit zahlreichen Klagen eingedeckt wird. Für die betroffenen Journalistinnen und Journalisten bedeuten Klagen nicht nur einen enormen Zeitaufwand, durch den man von wichtigen Recherchen abgehalten wird, oft geht es auch ums finanzielle Überleben. Während die Anwälte der Kläger von legitimen Mitteln sprechen, um gegen falsche Berichterstattung vorzugehen, warnen andere vor einer Bedrohung der Pressefreiheit. Der Presseclub Concordia kündigt sogar eine Prozesshilfe für Betroffene an, damit sie sich gegen missbräuchliche Klagen und Millionen-Forderungen wehren können. Mord auf Malta schreckte die EU auf Der Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia 2017 auf Malta war der Aufwachmoment für die EU: Man habe erkannt, wie brandgefährlich Einschüchterungen gegen Journalisten sind und dass etwas geschehen muss, argumentiert das International Press Institute (IPI) in Wien, das sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt. Aber die Mühlen in der EU mahlen langsam, sogenannte SLAPP-Klagen nehmen vor allem in Osteuropa rasant zu. Diese Woche sind deshalb 213.433 Unterschriften auf dem Tisch von V?ra Jourová gelandet, sie ist Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz. Auch das Europaparlament macht seit Jahren Druck. Die EU-Kommission arbeitet nun an einer Richtlinie, die im März präsentiert werden soll. Das oberste Ziel: solche Klagen sollen erst gar nicht zugelassen werden. Die EU kann das Problem freilich nicht alleine lösen. Ein Sideletter gegen die Unabhängigkeit Nur wenige Tage nach Auffliegen der geheimen Nebenvereinbarungen zwischen ÖVP und FPÖ sowie ÖVP und Grünen, also der aktuellen Regierung, haben Kanzler und Vizekanzler Abhilfe versprochen. Nie wieder Sideletters, bald volle Transparenz, die seit vielen Jahren - auch unter Schwarz-Grün - verschleppt wird. Allerhöchste Zeit sei es vor allem für eine Reform der ORF-Gremien, finden der Redakteursrat und Journalistenorganisationen. Die erstmals dokumentierten Postenabsprachen bis hinunter zu Chefredakteuren, seien "schamlos" und rechtswidrig. Denn die Unabhängigkeit des ORF wird in der Verfassung garantiert. Ein Prinzip, das schon oft mit Füßen getreten wurde. 25:00
04.03 Ein Blick in die Cameras Obscuras Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Die Europäische Union hat angesichts des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine einen beispiellosen Schritt gesetzt und die Staatsmedien RT - früher "Russia Today" - und "Sputnik" verboten. Ein Akt nahe an der Zensur, der sich aber damit rechtfertigen lässt, dass sich die betroffenen Medien selbst als vom russischen Verteidigungsministerium gesteuert sehen. Quasi als Waffe im gerade wild tobenden Informationskrieg. #doublecheck hat mit Medienministerin Susanne Raab über die Maßnahmen gesprochen und im ORF-Büro in Moskau nachgefragt, was die Schritte der EU für die Arbeitsbedingungen internationaler Berichterstatter in Moskau bedeuten könnten. Hinter Clickbait lauern die Lügen "Russia Today" ist mehr als ein Propaganda-Instrument des Kreml, mit dem Budget kann sich in Europa nur BBC World News messen, wie Stephen Hutchings von der Universität Manchester betont. Er hat mit seinem Team breit untersucht, wie RT arbeitet und welche Wirkung es hat. Professionell gemacht, arbeitet der Sender aus seinen 22 Büros weltweit mit Clickbait - postet also Promi-Klatsch und ähnliches, um die Menschen über Social Media auf die Website zu locken, wo man dann mit Desinformation zugeschüttet wird. Pingpong im Netz mit befreundeten politischen Parteien wie der FPÖ, das hat auch sogenannte alternative Medien in Österreich großgemacht, und das geht jetzt weiter. Auch auf diesen Kanälen findet man pro-russische oder relativierende Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine. Rechter Desinformations-Cluster wächst Der rechte Medien-Cluster um "Wochenblick" und "Info-Direkt" in Oberösterreich hat Verstärkung bekommen - durch den Sender "AUF1" und das Nachrichtenportal "Report24". "AUF1" Geschäftsführer ist der Rechtsaußen Stefan Magnet, mit engen Beziehungen zur FPÖ. Der oberösterreichische Regionalsender RTV sendet sein Programm. "Report24" hält die Namen der Redakteure und Geschäftsführer im Dunkeln. Beide Medien rufen zu Spenden auf, ihre Geldgeber sind unbekannt. Entstanden in der Pandemie, machen sie ihr Programm für Corona-Leugner und Impfgegner - und jetzt auch für jene, die hinter dem Krieg in der Ukraine und seinen verheerenden Folgen eine Weltverschwörung wittern. Eine pervertierte "News"-Recherche Wir beleuchten ein aktuelles Lehrbeispiel der Desinformation: Das Nachrichtenmagazin "News" veröffentlichte Ende Jänner einen Artikel über Mitglieder des nationalen Impfgremiums und ihre Beziehungen zur Pharmaindustrie. Zeitgleich tauchte ein Video mit "News"-Logo auf, das den Artikel ausgiebig zitiert, aber weder Bilder noch Sprache passen zu "News". In der Wortwahl emotional, ist die politische Diktion der Rechten zu erkennen. Auf Nachfrage stellt sich heraus, das Video ist nicht von "News". Es kommt von der FPÖ und wurde mit dem "FPÖ-TV"-Logo veröffentlicht. Jemand hat es also manipuliert, offenbar damit das Video glaubwürdiger erscheint und mehr Menschen anspricht. Der toxische "Exxpress"-Journalismus Seit bald einem Jahr versucht auch der "Exxpress" den Medienmarkt in Österreich aufzumischen. Hinter dem Onlinemedium steckt der berüchtigte und mehrmals verurteilte Boulevardjournalist Richard Schmitt. Gestartet mit dem Vorsatz, ein "gehobener Boulevard" sein zu wollen, ist für viele die ÖVP-Nähe mittlerweile kaum mehr abzustreiten. Schmitt fährt - wie zuvor schon bei der "Kronen Zeitung" und "OE24" - Kampagnen, wie sie im Buche stehen, sie treffen Journalisten-Kollegen und ihm unliebsame Ministerinnen. Finanziert wird der "Exxpress" nicht nur von einer intransparenten Liechtensteiner Stiftung, sondern vor allem von Herausgeberin Eva Schütz. #doublecheck hat mit Schütz über ihre Agenda und ihr Medienverständnis gesprochen. 24:57
01.04 Fest in der Krise statt krisenfest Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Die kommunikativen Herausforderungen für die Bundesregierung werden immer größer. Neben der Pandemie muss die Koalition jetzt mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine umgehen, das heißt Teuerung, Energiekrise und Zehntausende Flüchtlinge, die ein Dach über dem Kopf, Unterricht und Arbeit brauchen. Corona-mäßig hat die Krisenkommunikation auf der ganzen Länge versagt, darin sind sich Expertinnen und Experten einig. #doublecheck hat sie gefragt, was jetzt - jenseits von betroffenem Pathos und strammer Militär-Rhetorik - passieren muss, damit das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung nicht komplett entgleitet. Wie ein Kriegsreporter arbeitet Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur der"Wiener Zeitung" und ein erfahrener Berichterstatter aus Krisen- und Kriegsgebieten. Seifert war in den vergangenen Tagen in der Ukraine, um für einen längeren Aufenthalt im Kriegsgebiet zu sondieren. #doublecheck hat mit ihm über die täglichen Herausforderungen gesprochen, die Journalisten in dieser Ausnahmesituation erwarten. Wie checkt man die richtige Ausrüstung, welche Unterstützung braucht man, auf welchen Kanälen kommuniziert man - und welchen Informationen kann man im Krieg überhaupt trauen? Die Info-Schlacht auf allen Kanälen Soziale Medien und Messenger-Dienste wie Telegram spielen im Ukraine-Krieg eine so große Rolle wie noch in keinem anderen Krieg davor. Seit Beginn der Invasion posten Ukrainer die Bilder der russischen Angriffe und der Zerstörung auf allen Kanälen - Kommentatoren sprechen überspitzt auch von einem "TikTok-Krieg". Manche sehen Russland in diesem Informationskrieg bereits unterlegen, trotz seiner gut geölten Desinformations-Maschinerie, die seit Jahren in den ausländischen Medien zündelt. Aber Russland kontert zunehmend mit neuer Social Media Propaganda. Neben #WeStandWithUkraine entwickelt sich #WeStandWithPutin. Ein Nebenschauplatz? Wohl kaum. Denn im Netz wird um die öffentliche Meinung gekämpft - was den Verlauf des Krieges durchaus beeinflussen kann, sagen Experten und warnen: Europa muss genauer hinschauen. Wenn Papierfabriken stillstehen Nicht nur im Netz tobt der Krieg, handfeste Folgen spürt auch der analoge Journalismus. Die Printbranche gerät zunehmend unter Druck, weil die Papierpreise durch die Decke gehen. Eine der größten Papierfabriken Österreichs hat gerade erst zwei Wochen schließen müssen, weil die Kosten für das Gas, das zum Trocknen des Papiers benötigt wird, nicht mehr zu stemmen waren. Bis zum Winter sei die Versorgung zwar gewährleistet, der Verband Österreichischer Zeitungen warnt dennoch vor "groben Verwerfungen" und rechnet mit Mehrkosten von 50 Millionen Euro für das laufende Jahr. Denn noch immer sind die Printprodukte die wichtigste Einnahmequelle. Ist das teure Papier jetzt ein Schub für die Digitalisierung der Verlagsriesen? Service Gestaltung Nadja Hahn Stefan Kappacher 24:57
29.04 Die Mühen der digitalen Ebene Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Die Möglichkeiten der Digitalisierung optimal zu nutzen, das ist auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz essenziell. In Österreich bestehen für den ORF aus politischen Gründen hier immer noch hohe gesetzliche Hürden. Online darf es im Wesentlichen nur sendungsbegleitende Angebote geben. Alles was darüber hinausgeht, wird von den Mitbewerbern - ob Verlage oder Privatsender - mit Argusaugen beobachtet und auch gern in Frage gestellt. Aktuell gehen die Verhandlungen über die seit Jahren verschleppte ORF-Digitalnovelle in die heiße Phase, die Zeitungsverband und der Privatsenderverband diktieren der Politik wie eh und je ihre Wünsche. Der Sideletter als Schnee von gestern Während die Umsetzung der Digitalstrategie für das Aufsichtsgremium des ORF, den Stiftungsrat, höchste Priorität hat, schreiben also der VÖZ und der VÖP eifrig an der Novelle zum ORF-Gesetz mit. Der Stiftungsrat ist im Moment ein bisschen mit sich selbst beschäftigt. In der derzeitigen Zusammensetzung wird das Gremium noch bis Mitte Mai existieren, dann konstituiert sich der Stiftungsrat für die nächsten vier Jahre neu. Die Bundesregierung hat am Mittwoch die von ihr zu entsendenden Mitglieder fixiert, auch die Landesregierungen haben ihre Stiftungsräte großteils schon nominiert. Personelle Signale in Richtung mehr Unabhängigkeit als Konsequenz aus der Sideletter-Affäre gibt es keine - mit Ausnahme des Burgenlands, wo die SPÖ-Alleinregierung den Komponisten und Musikproduzenten Christian Kolonovits als unabhängigen Stiftungsrat entsandt hat. Mit Salami-Taktik zur ORF-Plattform Das große digitale Projekt des ORF, der sogenannte ORF-Player, der TV, Radio und Online-Inhalte des ORF bündeln soll, ist seit Jahren angekündigt, aber noch immer nicht fertig. Jetzt hat diese Aufgabe Stefan Pollach übernommen. #doublecheck hat mit ihm darüber gesprochen, wann die neue multimediale Plattform des ORF nun kommt, wie sie aussehen wird, und warum junge Menschen sie nutzen werden. Pollach spricht vom Player lieber als "Veränderungsprojekt" und kündigt eine Strategie der kleinen Schritte an: Im Sommer soll das Modul "ORF Sound" mit den Audio-Inhalten der ORF-Radiosender starten, danach kommt die multimediale Wissenschaftsplattform "Topos". Mit großen Visionen ist man derzeit vorsichtig, weil die Digitalnovelle als Grundlage immer noch fehlt. Aber die Uhr tickt, sagen Medienexperten, denn der ORF ist im deutschsprachigen Raum mit seinem Programm im Netz ohnehin schon hinten nach, ein Blick auf die neue ARD-Mediathek macht das deutlich. Wenn TikTok öffentlich-rechtlich wird Seit einem halben Jahr gibt es die ZIB auch auf TikTok. Der Erfolg spricht für sich: Mehr als 260.000 hauptsächlich junge Menschen verfolgen die Video-Updates der wichtigsten Nachrichtenredaktion des Landes, manche Clips bekommen sogar Millionen-Likes. Während das Prestigeprojekt den Unmut der Privaten erntet, heißt es weiter Warten auf die große Social-Media-Strategie von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Intern seien die Vorbereitungen für einen stärkeren Online-Auftritt weit gediehen, sagt Weißmann im #doublecheck-Interview. Alles steht und fällt aber mit der Digitalnovelle, die derzeit hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Und für den ORF drängt die Zeit. Das Ziel für Weißmann steht fest: Der ORF soll der "Leuchtturm im Meer der ungefilterten Nachrichten" werden. Service Gestaltung Nadja Hahn Stefan Kappacher 25:00
03.06 Die vielen Spuren des Geldes Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Die Medienkorruptionsaffäre um Sebastian Kurz und die Vorarlberger Inseratenaffäre sind die Spitzen eines Eisbergs an Strukturen und Konstrukten, mit denen sich Parteien öffentliche Gelder zunutze machen. Aktuell bestimmen Enthüllungen über Parallelvereine des ÖVP-Seniorenbunds, über die - speziell in Oberösterreich, aber nicht nur - Corona-Hilfen in Millionenhöhe lukriert wurden, die innenpolitische Debatte. Im ÖVP-dominierten Oberösterreich spielen auch öffentliche Inserate in Parteimedien eine wichtige Rolle, während im roten Wien trotz NEOS-Regierungsbeteiligung weiterhin heftig in Boulevardmedien und befreundeten Gratisblättern inseriert wird. Rot-pinkes Medien-Business as usual Vielleicht haben sich manche eine medienpolitische Revolution von der rot-pinken Wiener Stadtregierung erhofft. Immerhin waren die Ankündigungen der selbsternannten "Fortschritts-Koalition" groß. Die Inserate sollen erstmals nach transparenten Kriterien vergeben werden, verspricht das Koalitionsabkommen. Was ist daraus geworden? #doublecheck hat nachgefragt. Haben sich die Inseratenausgaben, so wie es NEOS lange gefordert haben, nun reduziert? Und wie sieht es mit der versprochenen Transparenz aus? Bringt der erstmals veröffentlichte Bericht zur Stadtkommunikation endlich Licht in den Wiener Inseratendschungel? Umgesetzt und viel gelobt ist und wird die "Wiener Medieninitiative" - ein neues Förderprogramm, in dem erstmals eine unabhängige Jury entscheidet, welche Medien Geld bekommen. Es ist auch ein Feigenblatt. Sendeschluss für rot-grünes Projekt Okto Während das rote Wien bei den Inseraten klotzt und nicht kleckert, schaut das Rathaus beim Community-Sender Okto-TV plötzlich ganz genau aufs Geld. Von einem Tag auf den anderen hat die Stadt die Förderungen gestrichen. Ohne die zuletzt 750.000 Euro im Jahr steht Okto vor dem Aus, alle 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden gekündigt. Geschäftsführer Christian Jungwirth nennt den Förderstopp überraschend, Kritik an Subventionen für das linear ausgestrahlte Programm weist er zurück. Anfeindungen ist Okto gewohnt, bisher kamen sie aber vor allem von der FPÖ und vom Boulevard, denen der bunte, migrantische Kanal zu sehr dazwischengefunkt hat. Es gibt tatsächlich auch schwer erklärbare Schattenseiten im Programm. Die Frage ist: Wie geht es jetzt weiter? Im letzten Hoamatland der Parteimedien Das "Oberösterreichische Volksblatt", eine von den wenigen klassischen Tageszeitungen in Österreich, gehört ebenso wie das im Zentralraum Linz viel gelesene "City-Magazin" der ÖVP Oberösterreich. Es sind die letzten Parteimedien der traditionellen Art, formal von der Volkspartei abgekoppelt, aber von Jahr zu Jahr reichlich durch Inseratengelder des Landes und von Landesunternehmen unterstützt. Damit das für das reichweiten-arme Volksblatt argumentierbar ist, gibt es eine Gratisbeilagen-Konstruktion mit hoher Auflage, bezeichnender Titel dieser Cashcow ist "Hoamatland". Eine von NEOS angestoßene Debatte über das Verbot öffentlicher Inserate in parteinahen und Parteimedien, wie es jetzt in Vorarlberg gilt, versucht die ÖVP abzuwürgen. Kein Wunder: sie rüttelt an Strukturen, die helfen, die Macht der Landeshauptmann-Partei bis in die letzten Winkel der "Hoamat" abzusichern. 24:55
01.07. Das System Fellner franst aus Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Der Medienmacher Wolfgang Fellner prägt die österreichische Medienlandschaft seit Jahrzehnten - mit seinem Verständnis von Boulevardjournalismus ebenso wie mit seinem Geschäftsmodell, das auf aggressiver Inseraten-Akquise speziell auch bei der öffentlichen Hand aufgebaut ist. Dieses System Fellner franst jetzt aus. Die Korruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt in Zusammenhang mit Inseraten-Deals mit der Kurz-ÖVP wegen Bestechung gegen die Fellner-Brüder, der "Österreich"-Herausgeber steht in gerichtlichen Auseinandersetzungen wegen sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen und hat dabei schon mehrfach den Kürzeren gezogen. Jetzt will Wolfgang Fellner seine Mediengruppe an Sohn Niki übergeben und bemüht sich um eine Einigung mit seinen Kreditgebern. Spekulationen um einen Schuldenschnitt Seit März dieses Jahres redet in den wesentlichen Gesellschaften von Fellners Mediengruppe ein bekannter Sanierer aus Deutschland mit. Ohne dessen Unterschrift geht nichts mehr. Was offiziell als "Begleitung der Übergabe an die nächste Generation" bezeichnet wird, ist für Insolvenzspezialisten ein klarer Fall: Die Banken, bei denen Fellner mit hohen zweistelligen Millionenbeträgen in der Kreide steht, haben die Kontrolle übernommen. Dass Fellner einen Schuldenschnitt anstrebt, liegt auf der Hand. Entsprechende öffentliche Äußerungen, die von Seiten seiner Mitbewerber gekommen sind, die das alles natürlich auch mit großem Eigeninteresse verfolgen, hat Wolfgang Fellner zurückgewiesen. Die Folgen der Medienkorruptions-Affäre Dass die Dinge in der Mediengruppe "Österreich" so liegen, wie sie liegen, wird wohl auch mit Auftragsrückgängen infolge der Medienkorruptionsaffäre zu tun haben, über die im Herbst 2021 der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz gestürzt ist. Die Fellners hatten mit Kurz und seinem Umfeld einen Deal, wie die Korruptions-Staatsanwaltschaft dokumentiert hat. Der Vorwurf gegen die Fellners lautet Bestechung - durch positive Berichterstattung gegen öffentliche Gelder für Inserate. Es gilt die Unschuldsvermutung, aber der dringende Tatverdacht in dieser Causa ist vom Oberlandesgericht Wien in Zusammenhang mit Anträgen von weiteren Beschuldigten mehrfach bestätigt worden. Gelingt der WKStA die Beweisführung, dann wäre das wegweisend für die Medienbranche. Der Medienmacher im Strudel von #MeToo Wegweisend sind auch die Urteile im ersten großen #MeToo-Fall Österreichs. Seit einem Jahr sind die Prozesse gegen Wolfgang Fellner nun in der Öffentlichkeit. Lange wurde sein Name in den Medien verschwiegen, aus Angst, selbst geklagt zu werden. Ehemalige Mitarbeiterinnen werfen ihm sexuelle Belästigung vor, er streitet alles ab, wirft den Frauen vor zu lügen, klagt auf Unterlassung und verliert einen Prozess nach dem anderen, auch wegen Rufschädigung der Frauen. Die Prozesse sind wegweisend für weitere Opfer von sexueller Belästigung. Sie holen ein Thema in die Öffentlichkeit, das bisher wenig ernst genommen wurde. Ob sich aber angesichts all der Prozesse in den Fellner-Newsrooms etwas verändert hat und ob das seinem Geschäft schadet, ist schwer herauszufinden. 24:55
05.08. Das Ibiza über dem Brenner "In anderen Ländern halten sich Parteien Zeitungen, in Südtirol hält sich eine Zeitung eine Partei." Ein legendärer Spruch, der dem "Dolomiten"-Chefredakteur Toni Ebner zugeschrieben wird, der mit der Zeitung sein eigenes Blatt und mit der Partei die Südtiroler Volkspartei gemeint haben soll. Diese SVP ist im Frühjahr von einer Affäre erschüttert worden, die auf Abhörprotokollen basiert und die Verschwörung einer Clique um Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder gegen Amtsinhaber Arno Kompatscher dokumentiert. Diese Affäre - Aufdecker Christoph Franceschini spricht von einem "Ibiza in den Alpen" - und die Berichterstattung darüber haben ein Schlaglicht auf die extreme Medienkonzentration in Südtirol geworfen. Die Athesia Gruppe, zu der die "Dolomiten" gehören, bildet ein regionales Monopol der Sonderklasse. Experten sehen Parallelen zu Vorarlberg, das sich von der Inseratenaffäre der ÖVP noch nicht erholt hat, die #doublecheck Ende 2021 ins Rollen brachte. Wenn Verschweigen nicht mehr geht Arno Kompatscher hat als Landeshauptmann die alten Spielregeln nicht mehr befolgt, die der Politikwissenschafter Günther Pallaver als "Bittgang-Demokratie" bezeichnet. Man ging in die Sprechstunde des Landeshauptmanns, trug sein Anliegen vor und bekam etwas - nach Gutdünken und Ermessen. Kompatscher beendete diese Umgehung der legalen Ordnung, wie es Pallaver ausdrückt. Und damit hat er sich nicht nur in der Partei Feinde geschaffen, sondern sich auch beim Medienhaus Athesia unbeliebt gemacht. In der Berichterstattung fällt das durchgehend auf, die Verschwörung der Kompatscher-Gegner in der SVP hätte das Blatt am liebsten verschwiegen. Als das nicht funktionierte, wurde abgelenkt und die Frage thematisiert, wer die Abhörprotokolle denn geleakt haben könnte. Ein Reflex, den man auch beim Ibiza-Skandal in Österreich beobachten konnte. Keine Medienpolitik gegen Monopolisten Die Athesia hat in Südtirol und im Trentino eine Marktdominanz von 80 Prozent, Gesetze zur Begrenzung von Medienkartellen gibt es in Italien seit Berlusconi nicht mehr. Die "Dolomiten" kassieren überdies eine Förderung von 6,3 Millionen Euro aus dem Topf für Minderheiten-Medien. Ein Versuch auf politischer Ebene, diese Gelder an eine maximale Marktbeherrschung von 50 Prozent zu knüpfen, also im konkreten Fall zu streichen - dieser Versuch ist auch dank der guten politischen Vernetzung von Athesia im Sand verlaufen. Die Förderung hilft auf der anderen Seite kleinen Medien wie der "Neuen Südtiroler Tageszeitung", der Wochenzeitung "ff" und dem Portal salto.bz, die einen engagierten publizistischen Gegenpol zum Koloss Athesia bilden. Und wo bleibt die große Reform in Österreich? Ein neues ORF-Gesetz, eine Reform der Inseratenvergabe und eine komplette Neuaufstellung des Pressefördersystems - der Berg an Aufgaben für Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) ist gewaltig. Durch den VfGH-Entscheid zur GIS-Streaming-Lücke mitten im Sommer ist der Druck, bald einen großen Wurf zu liefern, noch einmal gewachsen. Kommt jetzt eine Haushaltsabgabe statt des GIS-Beitrags, und was bekommen die Privaten Medien im Gegenzug? Es sei nichts Neues, dass die Justiz die Medienpolitik in Zugzwang bringt, sagt der Salzburger Medienwissenschafter Josef Trappel. Trappel war einer der Experten, die von Raab im Frühjahr zu Gesprächen eingeladen wurden. In #doublecheck sprechen weitere Teilnehmer darüber, wie diese "Medienkonferenzen" abgelaufen sind, und über ihre Sorge, von der Ministerin als Feigenblatt für Entscheidungen missbraucht zu werden, die unter großem Lobby-Druck hinter verschlossenen Türen vorbereitet werden. 24:57
02.09. Um Präsident, Prozent und Protest Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Wenn die Aufregung um die Termin-Verkäufe der Wien Energie mehr Einfluss auf das Ergebnis haben könnte als Programme und Auftreten der Kandidaten, dann ist das die Bundespräsidenten-Wahl 2022. Dass Alexander Van der Bellen seine Wiederwahl schaffen wird, daran besteht kein Zweifel - die Frage ist nur, ob es gleich im ersten Anlauf gelingt. Gerade deshalb wächst sich die Hofburg-Entscheidung aber zu einer veritablen Protestwahl aus. Vor allem das rechte Lager hat sich breit aufgestellt, gleich drei Kandidaten treten neben dem FPÖ-Mann Walter Rosenkranz an. Und in Dominik Wlazny haben mit dem Amtsinhaber unzufriedene Linke ihren Favoriten gefunden. Die Social-Media-Kanäle spielen in den Kampagnen eine zentrale Rolle. Der vielsagende Schweigepräsident Es war eine Präsidentschaft, geprägt von zahlreichen Krisen. In unzähligen Live-Pressekonferenzen wandte sich Alexander Van der Bellen aus der Hofburg an die Öffentlichkeit und versuchte, sich als der Hüter der Stabilität zu präsentieren. "So sind wir nicht" - ein legendärer Sager nach der Ibiza-Affäre. Der bleibt, aber ist das alles? Welche Akzente hat Van der Bellen gesetzt? "Er war ein einseitiger Schweigepräsident", sagt der FPÖ-nahe Politikberater Heimo Lepuschitz, und auch die Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik spricht von einem "eher zurückhaltenden" Präsidenten. Im Rennen um die zweite Amtszeit müsse Van der Bellen jetzt auch kommunikativ einen Gang höher schalten - kritische Interviews, die in den vergangenen Jahren selten waren, inklusive.Wenig Elefant auf der Showbühne Bevor jetzt im September der intensive Wahlkampf startet, haben die Kandidaten auf ihren Kanälen im Netz schon Positionen bezogen. Von YouTube bis Instagram, auf Facebook und Twitter wird längst um Stimmen geworben. Immer wichtiger wird TikTok, der amtierende Bundespräsident hat dort sogar sein Wiederantreten angekündigt. Der mit der FPÖ nicht handelseins gewordene Kandidat Tassilo Wallentin hat seinen Einstand mit einem Inserat in der "Kronen Zeitung" gegeben, das Frank Stronach bezahlt und viele Fragen aufgeworfen hat. Dominik Wlazny hat die notwendigen Unterstützungserklärungen als Erster abgegeben, gesammelt hat er auch mit Unterstützung bezahlter Profis. Und alle Kandidaten möchten natürlich mit Alexander Van der Bellen im Fernsehen diskutieren und streiten. Der weigert sich aber, die Showbühne zu betreten. Es könnte ein Fleckerlteppich an TV-Duellen kommen. Umfragen wieder zu stark gewürzt? Die Bedeutung von sozialen Netzwerken als Seismograph für die Stimmung im Land wird oft überschätzt. Besser sollten da schon die Umfragen liegen, und jetzt im Bundespräsidenten-Wahlkampf schlägt in den Medien wieder die Stunde der Meinungsforscher. Die bisher veröffentlichten Umfragen zeigen ein konträres Bild. Während eine Umfrage mit großem Sample dem Amtsinhaber Alexander Van der Bellen eine satte absolute Mehrheit schon im ersten Wahlgang voraussagt, sprechen andere Meinungsforscher von einer Zitterpartie. Für den Boulevard ist das Spekulieren mit einer Stichwahl spannend. Da kommt aber auch die Erinnerung an Umfragen im Bundespräsidenten-Wahlkampf 2016 hoch, die weit danebengelegen sind - und natürlich der Beinschab-Skandal. Sabine Beinschab hat für Umfragen im Wahlkampf seinerzeit eine gewisse "Würze" mit Unterhaltungswert gefordert. Haben Meinungsforscher und Medien ihre Lektionen gelernt? Service 24:58
07.10 Wenn im Medien-Ring der Gong ertönt +++ Verdreifachung der Presseförderung +++ Die Blaue Seite als ewiges Feindbild +++ Es ist Kooperation und wer geht hin? Nach monatelanger Hinhaltetaktik der Player in der Medienbranche und einer unauffälligen Medienpolitik kommt jetzt Bewegung in die Reformpläne der Koalition. Entwürfe für einen deutlichen Ausbau der Medienförderung und für eine Verbesserung der Transparenz bei öffentlichen Inseraten wurden vorgelegt - ein realpolitischer Kompromiss mit durchaus neuen Ansätzen. Noch nichts Neues gibt es hingegen bei der ORF-Digitalnovelle, die von den Verlegern seit Jahren blockiert wird. Um die Blockade aufzubrechen, hat ORF-Chef Roland Weißmann die Halbierung der Textbeiträge auf der Blauen Seite in Aussicht gestellt. Er habe die Glocke geläutet, damit etwas weitergeht, so Weißmann. Die Verleger freut das, aber viele sorgen sich jetzt um den Bestand von ORF.at. Verdreifachung der Presseförderung Die Regierung will die Medienförderung verdreifachen, zu den 9 Millionen Euro Presseförderung kommen 20 Millionen neue Journalismus-Förderung dazu, die nach Qualitätskriterien vergeben werden soll. Auch Gratiszeitungen sowie reine Online-Medien können davon profitieren, Parteizeitungen sind ausgenommen. Auf der anderen Seite werden Umgehungsmöglichkeiten bei der Medientransparenz beseitigt, öffentliche Inserate müssen ab einem Euro gemeldet und veröffentlicht werden, aber die angedachte Deckelung der Ausgaben kommt nicht. Die Angst vor der Reaktion des Boulevards war wohl zu groß. Keine Bedenken hat die Regierung, die Wiener Zeitung als Tageszeitung einzustellen. #doublecheck analysiert, was diese Pläne bewirken können. Die Blaue Seite als ewiges Feindbild Die Blaue Seite, also ORF.at, werde ihre Meldungen halbieren und sich mehr in Richtung Bewegtbild transformieren. Diese Bombe hat ORF-Chef Weißmann bei den Medientagen vor der versammelten Branche platzen lassen. Ob sich die Privaten damit zufriedengeben, ist aber mehr als fraglich. "Schön und gut" sei das, sagt etwa "profil"-Herausgeber und Chefredakteur Christian Rainer. Es sei aber nicht genug, denn für die Zeitungen gehe es schlicht ums Überleben. Nicht nur Rainer ist überzeugt: Solange es im Netz gratis ORF-Angebote gibt, werde niemand für News im Netz zahlen. Dass Studien das Gegenteil zeigen, wird weggewischt - genauso wie die Sorgen von Fachleuten, dass weniger öffentliche-rechtliche Information Fake News und Parteipropaganda in die Hände spielen könnte. Es ist Kooperation und wer geht hin? Dabei sollte das Motto zwischen ORF und Verlegern doch Kooperation sein. Das ist auch die Idee hinter dem Start eines gemeinsamen Logins namens "Mediakey" am 18. Oktober. User sollen sich daran gewöhnen, sich auf den Nachrichtenseiten ihrer Wahl einzuloggen, bevor sie etwas lesen, sehen oder hören können. Das gemeinsame Login ist keine Bezahlschranke. Das erste Ziel ist, die User zu registrieren, um Vorlieben kennenzulernen und sie stärker an sich zu binden, genauso wie es Facebook oder Google längst tun. User zu registrieren sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit, sagen Experten. Das gemeinsame Login soll den Medienstandort stärken, so die Hoffnung. Neben dem ORF sind auch einige Zeitungen schon dabei, weitere sollen folgen. Andere Medienhäuser glauben nicht daran und gehen eigene Wege. Kann das Projekt so funktionieren - und was bringt es? 24:57
04.11 Der lückenhafte Lückenschluss Was wird das Medienpaket der Bundesregierung auf dem Medienmarkt bewirken? Hilft die geplante neue Journalismus-Förderung, das Überleben der traditionellen Medienhäuser zu sichern? Und was ist mit den jungen Projekten, die nicht von den neuen Regeln profitieren werden? Der medienpolitische Lückenschluss, der da kommen soll, signalisiert mehr Reparatur-Denken denn Aufbruch. Manche Akteure zeigen mehr Durchtauchen als Reflexion. Und am Beispiel Inserate beweist kein Geringerer als der ÖFB-Präsident, dass es viele immer noch nicht verstanden haben - sie glauben: Irgendein Gegengeschäft gibt es immer. Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Bei Inseraten ist der Ball aufgelegt Gerhard Milletich, Präsident des Fußballbundes und Verleger mit besten Kontakten zu SPÖ und Stadt Wien, soll seine ehrenamtliche Funktion an der Spitze des ÖFB dazu benutzt haben, um von Sponsoren in sehr direkter Art und Weise Inserate zu keilen. Und zwar von solchen, mit denen sein Unternehmen vorher keine Geschäftsbeziehungen hatte. Milletich droht dem Kurier, der das recherchiert hat, mit Klage. In einem Podcast hat er kürzlich eingeräumt, dass er als ÖFB-Präsident leichter Zugang zu Inserenten bekomme, als wenn er nur als Verlag anrufe. Das macht eine Grenzüberschreitung sichtbar, die in Österreichs Medienwelt ein bekanntes Muster ist. Ob die verschärften Transparenzregeln für öffentliche Inserate dieses Denken stoppen können, wird von Kritikern bezweifelt. Die Mitläufer sind weiter auf dem Feld Die Episode Sebastian Kurz, die von der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft dank des Geständnisses von Thomas Schmid immer intensiver aufgearbeitet wird, war für manche Medien und manche Journalisten und Journalistinnen kein Ruhmesblatt. Daran erinnert auch das Protokoll der Schmid-Einvernahme an mehreren Stellen. Die Recherche-Plattform "Dossier" hat konkret "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak im aktuellen Magazin "Politik und Medien" sogar ein eigenes Kapitel gewidmet. Titel: "Der Grenzgänger". Anneliese Rohrer und Florian Scheuba zählen zu denen, die das Thema in ihren Kolumnen immer wieder aufwerfen und Selbstreflexion der Branche einmahnen. #doublecheck hat mit beiden gesprochen. Die Wechselspieler bleiben auf der Bank Während etablierte Medienhäuser bei der Politik für ersessene Rechte lobbyieren und manche etablierte Medienvertreter weitermachen, als wäre nichts geschehen, geschieht für junge Projekte in der Medienbranche tatsächlich nichts. Die geplante Journalismus-Förderung sei zu wenig breit und damit nicht treffsicher genug, sagen Kritiker und Betroffene. Das Sinnbild dafür ist die im Entwurf vorgesehene Mindestanzahl an Zeichen, die publiziert werden müssen, damit ein Online-Medium die Förderkriterien erfüllt. Text im Internet als das Maß der Dinge. Die Leitlinie der Regierung sei weiterhin Alimentation des Bestehenden und weniger Investition in Neues, so der kritische Befund. 24:56
02.12 Das Unbehagen hat System Schnelle Reflexe statt Selbstreflexion Wenn Journalisten zu Pressekonferenzen laden Klimajournalismus zwischen Empörung und Ignoranz Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher Die Image- und Glaubwürdigkeitswerte der österreichischen Medien sind nach den jüngsten Chat-Affären im Keller. Die Rücktritte der betroffenen Chefredakteure - Rainer Nowak von der Tageszeitung "Die Presse" und Matthias Schrom vom ORF-Fernsehen - waren zwar spektakulär und beispiellos. Viele Beobachter stellen sich aber die Frage, ob sie auch der Anstoß für ein nachhaltiges Umdenken sind, was die zu große Nähe zwischen Politik und Journalismus in Österreich betrifft. Schnelle Reflexe statt Selbstreflexion Ein Transparenz-Blog hier, eine Grundsatzdiskussion über Nähe und Distanz im Journalismus da - am grundsätzlichen Problem der Verhaberung und der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Medienbranche von öffentlichen Geldern ändere das nichts, sagen kritische Beobachter. Die neue Medienförderung - ob das die digitale Transformationsförderung ist, für die gerade 53 Millionen Euro ausgeschüttet worden sind, oder die kommende Journalismus-Förderung - würden bestehende Strukturen bewahren, Abhängigkeiten zementieren und Innovationen eher behindern. Der Medienwissenschafter Andy Kaltenbrunner spricht von einem "Käfig", in dem die Akteure gefangen seien. Und manchen werde es niemals gelingen, von dort auszubrechen. Wenn Journalisten zu Pressekonferenzen laden Die Aufarbeitung der multiplen Journalismus-Krisen in Österreich läuft schleppend. Was kann die Branche tun, um das Verhältnis zwischen Medien und Politik neu zu sortieren? Als internationales Vorbild in der Hinsicht gilt die Bundespressekonferenz (BPK) in Deutschland, wo Journalistinnen und Journalisten die Gastgeber sind und die Regierungssprecherinnen und -sprecher dreimal in der Woche Rede und Antwort stehen. "Bei uns geht man erst, wenn die letzte Frage beantwortet wurde", sagt BPK-Vorsitzender Mathis Feldhoff. Für Österreich wäre das ein Paradigmenwechsel, sind hier doch sogar sogenannte Hintergrundgespräche üblich, bei denen die Politik entscheidet, wer kommen darf und wer nicht. Ein "Unding", wie Florian Gasser, Leiter der Österreich-Seiten bei der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit", meint. Klimajournalismus zwischen Empörung und Ignoranz Noch nie gab es so viel Klimajournalismus wie jetzt. Dennoch läuft in der Berichterstattung vieles falsch, zum Beispiel wenn die Aufregung über die Klimaproteste in Museen und auf der Straße mehr Aufmerksamkeit bekommt als die Gründe dafür. Oder wenn Prominente in Talkshows die Wissenschaft in Frage stellen. Auch wenn der Jugend Lust am Weltuntergang nachgesagt wird, geht das eigentliche Thema verloren. Was steckt dahinter? Wieviel Meinungspluralismus darf sein, und wo muss Journalismus einordnen? Wer kann Verzögerungstaktikten und Framing-Versuche der Politik entlarven? Die Redaktionen stehen vor großen Herausforderungen. Gestaltung Nadja Hahn Stefan Kappacher 24:57

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