1933/34: Die Ringsendungen des ÖVSV
Ein gescheiteter Versuch
Die Reinschrift aus dem Logbuch sollte gleichzeitig mit dem Monatsbericht für die Landesgruppe II (Steiermark, Kärnten, Südburgenland)an OM Weiland und für die Landesgruppe I (alle anderen Gebiete) an OM Blaschek eingesendet werden. Es gab ein kompliziertes Punktesystem für die Wertung und Wortzählung korrekt oder fehlerhaft abgesetzter bzw. empfangener Depeschen, und es wurden Preise und Anerkennungsschreiben als Lohn ausgesetzt. Der Ausschreibug folgte ein Muster:
„versuchsdepesche nr 1 – w 14 – 25.11. – 1415 de uo6ok via uo7mf – versuchssenderverband wien – für den praktischen gebrauch eines amateurs empfiehlt sich ein absorptionskreis als wellenmesser ar“
Leitete UO7MF die von UO6OK empfangene Depesche z.B. an UO1FH weiter, lautete der Kopf nun: „de uo6ok via uo7kmf uo1fh“, usw. Jede Depesche musste durch Wiederholung der Laufnummer und der Wortzahl bei der Gegenstation quittiert werden.
Die erste Ringsendung fand am 25. November 1933 statt und war ein voller Misserfolg. Carl Martin, UO1CM, der Vorsitzende des ÖVSV, rief in Wien um 07:00 zk und tauschte eine Depesche mit Willy Blaschek in Klosterneuburg aus. Das war alles.
Auch am 30. Dezember 1933 war das Ergebnis ernüchternd. Es sei jedoch, so der Redakteur, „nicht minder wertvoll als ein positives, da somit der Beweis erbracht ist, dass zumindest in den Wintermonaten das 40m-Band für einen innerösterreichischen Verkehr absolut ungeeignet ist. Die Entfernungen zwischen den einzelnen Stationen … liegen in der toten Zone. … Nur das 80m-Band ist während des ganzen Jahres zur Herstellung von Verbindungen auf kurze Entfernungen geeignet.“[2] Das 80m-Band war jedoch den Funkamateuren zur allgemeinen Benützung nicht frei gegeben, da die Behörden die Störung staatlicher Betriebsstationen befürchteten und der Empfang der Rundfunksendungen der RAVAG tatsächlich beeinträchtigt wurde. Der ÖVSV nutzte die bisher gemachten Erfahrungen prompt für eine Eingabe an die Generaldirektion der Post- und Telegraphenverwaltung um die Freigabe für 80m mit 10 Watt Sendeleistung für alle achtzehn bis dato lizenzierten Studiensender. (Sie meldeten sich übrigens seit Jahresbeginn 1934 mit dem Präfix OE.)
Im Februar 1934 setzten OE3WB und Karl Kurz, OE6KZ, in Wies die einzigen Versuchsdepeschen „mit einer gegenseitigen Lautstärke von r8“[3] ab. Die erste – und einzige - Empfangsmeldung kam bezeichnender Weise von einem ausländischen Mitglied, Georg Glas, OE-088, aus Zwickau in Böhmen.
Die nächste Ringsendung wurde um einen Tag vorverlegt, da am 30. März der Spanien-Contest stattfand. Es war die letzte auf 40m, und diesmal konnte OE3WB selbst nach Wien – zu Julius Zwerina, OE1JZ - nur mit r1/2 durchkommen. Einige andere OEs hatten sich beteiligt, waren aber nur im Ausland gehört worden.[4]
Die Durststrecke sollte aber nun ein Ende haben, denn unter der Überschrift „Freie Bahn auf 80m!“ hatte die Klubzeitschrift bereits im Februar 1934 gemeldet: „Mit ganz besonderer Freude erfüllt es uns, allen unseren Freunden mitteilen zu können, dass sich die Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung entschlossen hat, den Studiensendern das 80m-Band zum Zwecke der Ringsendungen freizugeben. Hiebei muss besonders hervorgehoben werden, dass die Generaldirektion diese Entscheidung innerhalb von 10 Tagen getroffen hat, also der deutlichste Beweis dafür, dass die für uns zuständige oberste Behörde ihre frühere zuwartende Haltung aufgegeben hat, da sie scheinbar in der derzeitigen regen Tätigkeit des Verbandes die Gewähr sieht, dass nunmehr in der Organisation eine straffe Disziplin Platz greift.“[5] Wer zwischen den Zeilen zu lesen vermochte, verstand den als Eigenlob getarnten Wink mit dem Zaunpfahl, doch mussten jetzt erst einmal die Wellenmesser für 80m gefertigt und geeicht werden, waren das Eichprotokoll, das Ansuchen und der Berechtigungsschein einzureichen. So blieb es bei der Ringsendung vom April 1934 noch bei 40m und der mageren Ausbeute von „eineinhalb“ Depeschen: OE1CM mit OE3WB im Wechselverkehr und Julius Helldoppler, OE7JH, in Kundl mit OE3WB, nur Empfang.[6]
Alle Erwartungen konzentrierten sich nun auf die Sendung vom 26. Mai. Die Zeiten und die Richtlinien waren eigens erweitert worden: 00:00-07:00 und 14:00-15:00 MEZ 80m, 07:00-14:00 und 15:00-24:00 MEZ 40m. Zwei Stationen durften nun ein und dieselbe Depesche auf beiden Bändern austauschen. Es gelangen dennoch nur sechs Verbindungen (OE1EZ, OE6KZ, OE6OK, OE7AB, OE7EJ, OE7JH) – am Vormittag ausgerechnet alle auf 40m! Nur zwei Hörmeldungen trafen ein (Leonhard Frohn, OE-001, in Wr. Neustadt, und OE-088). Diesmal kommentierte der Redakteur bitter: „Von der Veröffentlichung der Gutpunkte muss auch diesmal wieder Abstand genommen werden, da einige Hams noch immer keinen Bericht eingesendet haben. Die Säumigen möge ihr Gewissen arg drücken und sie mögen nicht früher Ruhe finden bis sie die abgesetzten bzw. aufgenommenen Versuchsdepeschen eingesendet haben!“[7] Und er setzte in einem sehr persönlich gehaltenen Beitrag nach: „Wozu all diese Arbeit und Plage, wenn eine Reihe von Amateuren eine vollständige Interesselosigkeit speziell in der Pflege des innerösterreichischen Verkehrs zeigt.“[8]
Der Appell verhallte ungehört, die Klagen wurden monatlich wiederholt, und zum Jahresende wurde Bilanz gezogen: „Einenteils war die Beteiligung schwach und anderenteils wurden die vorgeschriebenen Bedingungen nicht eingehalten. … Von der Verlautbarung der Gesamtresultate wird diesmal abgesehen, da … von den Sendeamateuren nur 3 mehr als 50 Punkte erreicht haben und von den Empfangsamateuren wurde diese Ziffer nicht annähernd erreicht.“[9] Ing. Otto Kermauner, OE6OK[10], erhielt als Sieger eine Röhre Philips TB 04/10, und das Motto lautete: „Wir machen einen dicken Strich unter das vergangene Jahr und werden die Ringsendungen des neuen Jahres mit Feuereifer beginnen.“
Der Feuereifer muss sehr rasch verglommen sein. Ohne weiteren Hinweis in der OEM oder auch nur einem Nachruf im Protokoll der nächsten Hauptversammlung wurden die Ringsendungen offenbar Ende 1934 eingestellt – zugunsten einer neuen Einrichtung, die bereits zugleich mit der Freigabe des 80m-Bandes angekündigt worden war und im Mai 1934 Premiere gehabt hatte: dem Betriebsdienst, BSD.[11]
[1] OEM Nr.1, November 1933, S 3f
[2] OEM Nr.3, Jänner 1934, S 1f
[3] Feldstärken und Lautstärken wurden bewertet mit qrk r1-9
[4] OEM Nr.6, April 1934, S 3
[5] OEM Nr.4, Februar 1934, S 1f
[6] OEM Nr.7, Mai 1934, S 2
[7] OEM Nr.8, Juni 1934, S 6
[8] OEM Nr.9, Juli 1934, S 3
[9] OEM Nr.1/2.Jg., Dezember 1934, S 3
[10] Zur Person: s. qsp 04/2001, S 22
[11] OEM Nr.7, Mai 1934, S 2