Amateurfunk-Geschichte Deutschland, Folgen 39-41


'Die Stunde der Wahrheit'

QRV - das Konkurrenzblatt (Bild: Nullnummer)

'Die Stunde der Wahrheit'zoomEine so prominente Persönlichkeit wie Prod. Dr. Karl G. Lickfeld, DL3FM, drückt es etwas diplomatischer, aber nicht weniger nachdrücklich aus: „Das Verhältnis [absoluten gegenseitigen Vertrauens] ist nach zwei Jahrzehnten zerstört. ... Gemeint ist die Transparenz hierarchischer Strukturen ... Im Bereich des Organisatorischen ist der deutsche Amateurfunk in einer breit liegende, tief gehende Krise geraten. Sie ist nur dann überwindbar, wenn jeder Funkamateur die Möglichkeit hat, in einem wohlverstanden demokratischen Forum die Stimme zu erheben, nicht behindert durch eine mangel-, ja fehlerhafte Verbandsstruktur.“ [9] Und, nicht mehr ganz so zurückhaltend: „Die Funkamateure der BRD können den traurigen Ruhm für sich in Anspruch nehmen, wohl mit dem miserabelsten Rundspruch identifiziert zu werden, den es derzeit auf dem Globus gibt.“[10]
Selbstredend sieht es die Gegenseite anders. Ulf A. Kluge, J1BQ, im Editorial der cq-DL: „Inzwischen haben sich die Ereignisse überstürzt und uns gezwungen, schon jetzt im Januar unsere cq-DL herauszubringen. Anlass dazu war ein Vertragsbruch unseres seinerzeitigen Partners beim DL-QTC, der sein eigenes Amateurfunkmagazin bereits zwei Monate vor dem vertraglich geregelten Zeitpunkt auf den Markt warf. Dadurch wurde der DARC gezwungen, ihm fristlos den Druckauftrag zu entziehen.“[11]
Dass das Vertrauen gestört ist, dass der DARC in seinen Veröffentlichungen jedes kritische Wort unterbindet, lässt sich nicht verleugnen. Längst stehen nicht mehr Meinung gegen Meinung, Faktum gegen Faktum, Argument gegen Argument. Die Auseinandersetzung mit dem „Niedersachsenregime“ [12] und ihrem „Eurafuz“ [13] wird nun als unversöhnliche Polemik mit blanker Klinge und ohne die geringste Konzession an den „Gegner“ geführt, und in vorderster Reihe steht Walter Vedder, DL9PF, dessen Glossen [14] nicht mehr humorvoll verbrämt sind, sondern den unversöhnlichen Gegensatz zementieren. Vedders „Chronique scandaleuse“ listet, wenn auch aus subjektivem Blickwinkel, diese Entwicklung drastisch auf.[15] So sei etwa über die turbulente Clubversammlung in Berlin am 22,/23. Mai 1971 [16], einen Monat vor Baubeginn, bewusst verkürzt und irreführend berichtet worden. An anderer Stelle heißt es: „6. September 1971. Auf Grund eines erneuten Berichtes des Schatzmeisters, wonach für die Bezahlung der Baukosten selbst des reduzierten AfuZ DM 440.000 fehlen, fordert der Vorstand den Amateurrat auf, den Bau unverzüglich einzustellen, anderenfalls er zurücktreten werde. Diese Erklärung wird den AR-Mitgliedern mit der Bitte übersandt, sie vertraulich zu behandeln, um nicht noch mehr Unruhe unter den Mitgliedern entstehen zu lassen. ... 30./31. Oktober. Entgegen seiner eigenen Ankündigung tritt der Vorstand am 30./31. Oktober bei der CV Königswinter nicht zurück. Seine Erklärung vom 6. September liegt auch der Tagesordnung nicht bei.“
Prompt erfolgt die Retourkutsche vom 2. Vorsitzenden des DARC in Form eines Leserbriefs in der cq-DL: „Lieber OM Vedder, Ihre Chronik stellt eine sehr gut konstruierte Mischung aus Fakten, Unterstellungen, Prognosen und persönlichen Meinungen dar, und Ihr dialektisches Training als Jesuitenschüler ist gut zu erkennen.“[17]
Die Polemiken gehen hin und her. Die cq-DL attackiert: „Eine seltsame Zeitschrift ist da unseren Mitgliedern zusammen mit dem Dezemberheft des DL-QTC – Körners letzte Nummer - ins Haus geflattert. Voller Unwahrheiten, Verdrehungen, Polemik – in der erkennbaren Absicht, den DARC, seine Organe und Mitarbeiter herabzuwürdigen. Und unsere Mitglieder für dumm zu verkaufen. Eigentlich ist es die Sache nicht wert, sich auf das Niveau der dieser Veröffentlichungen herabzubegeben.“[18] Aber dann tut man es doch und stellt mehreren „Behauptungen“ der QRV „Tatsachen“ gegenüber, mit dem seltsamen verbalen Eigentor, eigentlich wolle man die Zeitschrift nicht mit „so unnützem Zeug füllen.“ Postwendend wird die Redaktion zum Abdruck einer Gegendarstellung gezwungen, die den „Tatsachen“ nun die „Belege“ gegenüberstellt, alles Zitate aus DARC-Dokumenten.[19]
Man duelliert sich auch mit Schriftstücken, die auf lokaler und regionaler Ebene verteilt werden. Felix, DL1CU, lässt Fotokopien mit kompromittierenden Aussagen diverser DARC-Funktionäre und Zitaten aus vertraulichen Rundschreiben zirkulieren, der Sprecher des Amateurrats, Gerd Schnabel, DJ7GS, schießt „zur Aufklärung“ ein Gegendokument nach, worauf Körner Schnabel verklagt. Der Rechtsstreit endet mit einem Vergleich, den die cq-DL veröffentlichen muss.[20] QRV behauptet einen Mitgliederrückgang, die cq-DL widerlegt: die Zahl habe sich 1971 um 41 Mitglieder erhöht...[21]
Körner hatte das „Monopol“ auf das von ihm und Rudi Hammer, DL7AA, „erfundene“ WAE-Diplom, der DARC stiftet im Sommer 1972 ein eigenes Europa-Diplom („Die Europa auf dem Stier“.
So geht das hin und her, wobei sich der DARC in seinen offiziellen Verlautbarungen ausschließlich in Schweigen hüllt. Das Protokoll der Hauptversammlung am 3. und 4. Juni 1972 enthält kein einziges Wort zur konflikreichen Entwicklung.[22]
Einen Blick hinter die Kulissen gewährt, nach langem Zögern, auch der scheidende Geschäftsführer, Hans Hansen, DL1JB, dem man zum Abschied immerhin einen freundlichen „Nachruf“ im Editorial beschieden hatte.[23] Hansen „bedankt“ sich aber in der QRV: „Seit drei Jahren war ich bei der Lösung eines grundsätzlichen Clubproblems anderer Ansicht als die Mehrheit der dafür im DARC zuständigen Organe. In dieser Situation ... blieb mir nur die Wahl, mich von der Richtigkeit der von der Mehrheit vertretenen Auffassung überzeugen zu lassen, oder mich ihr ohne Rücksicht auf meine persönliche Meinung unterzuordnen. Da ich mich aber auch nach drei Jahren weder hatte überzeugen lassen können noch in der Lage sah, im ständigen Konflikt mit meiner eigenen Arbeit erfolgreich weiterarbeiten zu können, blieb mir nur noch die Möglichkeit des Rücktritts.“[24]



<< zurück | < zur Übersicht



QSL Collection - Dokumentationsarchiv Funk

Exclusive Media System Service

Sponsor - Netzwerkadmini...

Exclusive Media System Service