Höhen und Tiefen einer ungewöhnlichen Biografie

Höhen und Tiefen einer ungewöhnlichen BiografieLeitartikel von Chod Harris im DX Magazine, August 1990

Hat alle Welt die ehemaligen Leitbilder vergessen - jene Menschen, die zu ihrer Zeit weltweit für spannende Unterhaltung in den Funkbuden sorgten? Wenn auch Don Miller, W9WNV, einige Kontroversen provozierte, hat er dennoch mehr als alle anderen zur Etablierung der DXpeditionen beigetragen. DXer waren immer für Kontroversen gut, so auch Dr. Miller. Don ist jetzt Anfang Fünfzig, hat aber aufgrund vieler unglücklicher Ereignisse, die auf seine DXpeditionen folgten, die letzten acht Jahre in einem kalifornischen Gefängnis zugebracht. Zudem ist er in Folge seiner Auseinandersetzungen mit der ARRL - obwohl der Konflikt in beidseitigem Einvernehmen bereinigt wurde - seit zwanzig Jahren vom Amateurfunk ausgschlossen. Im besten Alter von 52 vermisst Don die Freiheit, mehr noch aber seinen 15jährigen Sohn, der ihm nach Aufgabe der Funkerei zum neuen Lebensinhalt geworden ist. In diesen zwei Jahrzehnten hat Don nichts von seiner außerordentlichen Betriebstechnik eingebüßt. Er übertraf alle anderen Telegrafisten. "In meinem Kopf morst es noch immer - sogar mehr als früher, schnurrt wie eine Katze und juckt die ganze Nacht lang", sagt er.
Es war nicht leicht, Don ausfindig zu machen und die Gefängnistore für ein erstes Eyeball-QSO nach zwanzig Jahren mit ihm zu öffnen. Und da stand er dann, er, der für fast ein Jahrzehnt das Idol der gesamten DX-Gemeinschaft gewesen war. Physisch in bester Verfassung, weil er täglich trainierte, und auch geistig voll präsent, involviert in mehrere Projekte, die ihm als Arzt am Herzen liegen: etwa der Kampf gegen die Drogen - ein Problem in jedem Gefängnis. Wir spürten, wie Don Miller nach seiner Freiheit und einem neuen Leben dürstete. Er will die junge Frau aus Samoa aufspüren, die er seinerzeit heiraten wollte. Er will seinen Spitzenrang in Kontesten wiedergewinnen und auf Fidschi - der Insel, in die er sich vernarrt hat - eine Konteststation errichten. Aber dies alles wird noch Jahre warten müssen, bis sich die schweren Gefängnistore für ihn öffnen. 1980 wurde Don wegen Beihilfe zum Mord an seiner getrennt lebenden Frau zu 25 Jahren verurteilt, die er nun in einem kalifornischen Gefängnis absitzt.(Hinweis: Niemand erlitt Schaden, denn Don hatte einen Mann angeheuert, der sich zum Schein bereit erklärte, die Tat zu begehen, in Wahrheit aber Polizist war.)
Das "Save Don Miller"-Projekt
Don wurde im Frühjahr 2002 aus dem Gefängnis entlassen. Im dritten Anlauf war seinem Berufungsverfahren stattgegeben worden. Dons Anwälte hatten argumentiert, dass das Strafausmaß höher ausgefallen sei als wäre der Mord tatsächlich begangen worden. Dem schloss sich die Kommission für Begnadigungen zweimal an, aber Gray Davis, der Gouverneur von Kalifornien, hatte in beiden Fällen die Unterschrift verweigert. Don erhielt seitdem das Rufzeichen AE6IY (Extra Class). Hajime "Jim" Suzuki, JA1AEA, ein langjähriger Freund, der das "Save Don Miller Project" ins Leben gerufen hatte, berichtet:
"Ich besuchte Don Mitte Oktober 2002 in seinem neuen Zuhause und verbrachte drei Tage bei ihm. Nach den vielen Jahren im Gefängnis muss er sich als freier Mann erst wieder in der Gegenwart orientieren, aber er sprüht schon wieder von neuen Plänen. Die Haftzeit hat er genutzt, um seine Jus-Kenntnisse zu vertiefen. und er bereitet sich intensiv auf die Prüfung bei der California Bar Examination um Zulassung als Rechtsanwalt vor. Wir kennen einander, seit wir beide Mitte Zwanzig waren. Don war damals als HL9KH in Osan, Korea, stationiert, und seine Urlaubstage verbrachte er oft in Tokio. Später eröffnete er als erfolgreicher Arzt zwei Praxen in Palm Springs, und hatte soeben begonnen, ein Krankenhaus zu errichten, als die unglücklichen Umstände eintraten, die Don ins Gefängnis und im Laufe der folgenden Jahre um sein gesamtes Vermögen brachten: Am Kampf um die Verteidigung seiner Unschuld verdienten vor allem Dons Anwälte. Als er im Spätsommer 2000 25 Jahre seiner lebenslangen Haftzeit abgesessen hatte und um Erlass der Reststrafe hätte einkommen können, fehlte ihm das Geld, den Rechtbeistand für das Gnadengesuch zu bezahlen. Er bat seine Funkfreunde um Hilfe, aber außer Martti (der 200$ spendete) und mir reagierte niemand auf diesen Appell. Die Anwaltskosten hatten sich auf 50.000$ summiert, und um diese Summe aufzubringen, gründeten wir Ende 2000 die "Far East DX Foundation" (FEDXF). Auf diese Weise gelang es uns, Don bei seinem Rechtsstreit zu unterstützen und ihm die Freiheit wiederzugeben."



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