Amateurfunkgeschichte Deutschland, Folgen 51-53


(53) Chronik 1986-1988

(53) Chronik 1986-1988zoom1986
„Wer zu Weihnachten einen nagelneuen Akustik-Koppler bekommen hat und ein Terminalprogramm auf seinem Personal Computer fahren kann“, so Ekkehard Puschmann im Januar-Editorial der Klubzeitschrift, kann sich in die seit März 1985 im Probebetrieb fahrende, nun offizielle DARC-Mailbox einloggen. „Die Übertragungsrate beträgt 300 Baud. ... Die in der Mailbox abgelegten Briefe werden an den Werktagen sofort in die entsprechende Abteilung des DARC-Headquarters weitergegeben. Die Antworten erfolgen noch auf die herkömmliche Art per Briefpost oder Telephon.“[1] Der Betrieb einer Mailbox, das Senden von Datenpaketen und automatischer Direktruf (Selektivruf) kann laut FTZ nun „in einer bestimmten Form zugelassen werden.“ Welche Voraussetzungen für die Sondergenehmigungen bestehen, wird im FTZ in Absprache mit dem DARC (BUS–Referat) festgelegt.
In der Leserbriefspalte listet Alfred Müller, DL1FL, statistische Angaben auf, die mit der Überschrift „Überalterung im Amateurfunk?“ als Mahnung gedacht sind, aus heutiger Sicht aber Traumzahlen: „Nur 9% der DARC-Mitglieder sind über 61 Jahre alt, 14% zwischen 51 und 60 Jahren, 29% zwischen 31 und 40, 25% zwischen 19 und 30“.[2] – Am letzten Januar-Wochenende tagt der DARC-Vorstand und beschließt u.a. „der Lizenzbehörde vorzuschlagen, ein im IARU-Bandplan festgesetztes Segment für SSB auf 18 und 24 MHz freizugeben.“[3]
Zur Hauptversammlung des Amateurrats, am 24. und 25. Mai in Wuppertal, zieht der 1. Vorsitzende, Karl Taddey, DL1PWE, eine vorwiegend positive Bilanz: Der Rechnungsabschluss zeigt eine ausgeglichene Bilanz; die Mitgliederzahl steigt allmählich wieder. Allerdings musste man auch eine herbe Enttäuschung hinnehmen: Im seit Jahren betriebenen Rechtsstreit um Wiedererlangung der Gemeinnützigkeit hat der Bundesfinanzhof die Beschwerde des DARC wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts als unbegründet zurückgewiesen. Da keine Aussicht auf Erfolg besteht, wird auf weitere Bemühungen verzichtet.[4]
Mit der CEPT-Lizenz geht es langsam, aber sicher voran. Ab Anfang Juli kommen die Schweiz, Liechtenstein und Österreich dazu, im November als achtes Land Luxemburg.
Im Anschluss an das DX-Treffen bei der Ham Radio in Friedrichshafen wird die „Euro DX Foundation EUDXF“ gegründet. Ihr Ziel ist, „den Amateurfunk in der dritten Welt zu fördern, ferner die Unterstützung im Katastrophenfall durch Leistung vor Ort und Beistellung technischer Geräte.“[5]
Viel zu tun haben die Verantwortlichen in Zusammenhang mit Gesetzen und Verordnungen. Im so genannten „Wanzengesetz“ wäre beinahe im §5a der Amateurfunkdienst (mit „Abhörsendeanlagen“) unter das Fernmeldeanlagengesetz (FAG) gefallen. Erst nach beharrlicher Intervention wurde zunächst im Kommentar festgehalten, dass eine Amateurfunkgenehmigung zugleich eine Genehmigung nach dem FAG sei.[6] In der Folge wurde eine dem entsprechende Verfügung erlassen. [7]
Bei den 3. Weltmeisterschaften im Amateurfunkpeilen in Sarajevo gewinnt die Mannschaft des DARC eine silberne und drei bronzene Medaillen und vier vierte Plätze in der Einzel- und Mannschaftswertung.
Am 16. August stirbt, neunzigjährig, Ferdinand Bödigheimer, einer der ersten Pioniere des Amateurfunks. Das Bödigheimer-Audion galt lange Jahre als Standard-Schaltung. Zunächst DE0069, erhielt er 1927 das Rufzeichen EK4ABR, das später in D4ABR, D4BAT und schließlich D4ATT umgewandelt wurde. Nach der Rückkehr aus dem Krieg trat er wieder in den Staatsdienst ein, ohne jedoch dem Hobby weiterhin nachzugehen. In der DDR stirbt am 29. November, kurz vor seinem 73. Geburtstag, Karl Rothammel, Y21BK (ex DM2ABK), der Verfasser des in vielen Auflagen erschienenen Antennenhandbuchs.
Am 15. und 16. November sieht sich der Amateurrat bei seiner Herbstversammlung in Kassel mit „ernsthaften Sorgen [um] die finanzielle Zukunft“ konfrontiert: „Bei einer Unternehmensführung ist höchster Alarm gegeben, wenn die Abschreibungen nicht mehr erwirtschaftet werden.“ Die Bilanzverluste bereits der kommenden Jahre würde zwischen 130.000 und 30.000DM betragen. „Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse muss der Vorstand eine Beitragserhöhung beantragen.“[8] Weitere Themen: Satzungsänderungen und die Schaffung einer Grundlage für die Aufnahme des Fördervereins Amateurfunkmuseum e.V. in den DARC.

1987
Das Jahr steht im Zeichen der Jubiläen: 60 Jahre Amateurfunk in Deutschland, 100 Jahre Hertzsche Wellen.
Am 19. und 20. März 1927 wurde in Kassel der DASD gegründet. Die wichtigsten Vorläufer waren der 1923 gegründete Süddeutsche Radioklub und der 1925 gegründete Deutsche Funktechnische Verband, DFTV, aus dem sich 1926 die Funkamateure im Deutschen Sendedienst, DSD. „Es gilt, die Einheit und Einigkeit aller deutschen OMs herzustellen ... Die Beschlüsse der Kasseler Kurzwellentagung werden für die nächsten Jahre unserer deutschen Kurzwellenbewegung die Richtung weisen“, schrieb Rolf Formis, Ky4, prophetisch in der Einladung.[9] Und der Leiter des DASD, Otto Fulda, verkündete in der ersten Ausgabe des Kluborgans: „Die deutsche Funkerei ... hat in der Kurzwellenfunkerei einen neuen Spross getrieben, dem vornehmlich die Funkfreunde zum Licht geholfen haben. Noch wissen wir nicht, wie breit er dereinst seine Zweige entfalten, wie viele Früchte er tragen, welche Fortschritte er der Kultur bringen wird: gerade darum ist es eine besonders reizvolle Aufgabe, mitzuarbeiten an seiner Pflege, ihn wachsen zu sehen und seine Ergebnisse nutzbar zu machen für Wissenschaft, Technik und Sport.“[10] Der DARC führt einige Sonderstationen mit dem Zusatz /60 und vergibt den Sonder-DOK DL60.
Nach seinen Tagebuchaufzeichnungen war es Ende November, Anfang Dezember 1886, als Heinrich Hertz die Entladung einer Leydener Flasche über eine Funkenstrecke in der Mitte eines drei Meter langen Kupferdrahtes beobachtete und dabei bemerkte, dass in einem zwei Meter entfernten ähnlichen Drahtgebinde ebenfalls Funken übersprangen – wenig später erkannte er darin die von Maxwell vorhergesagten elektromagnetischen Wellen.
Am 2. Februar beginnt in Genf die fünfwöchige zweite Runde der Weltrundfunk-Konferenz WARC HF-BC(2) mit Schwerpunkt KW-Rundfunk. Die IARU gibt dazu eine Empfehlung an die Delegierten zur Räumung des 7-MHz-Bandes durch Rundfunksender ab.
Für Funkamateure weitaus wichtiger sind die Ergebnisse der Konferenz der IARU, Region 1. Diese alle drei Jahre stattfindende Tagung wird diesmal vom 12.-17. April in Noordwijkerhout, Niederlande, abgehalten. Es gibt viele administrative Beschlüsse, u.a. eine neue Satzung, und Details zu technischen Parametern. Langfristig bedeutsam ist die Verabschiedung eines neuen KW-Bandplanes, der im Kern bis heute gilt.[11]
Die Hauptversammlung des Amateurrats fasst am 23. und 24. Mai in Lübeck drei wichtige Beschlüsse: In die Satzung wird zur Förderung des Nachwuchs eine „Jugendordnung“ zur Gründung von Jugendgruppen innerhalb der Ortsverbände eingefügt, der Förderverein Amateurfunkmuseum wird als kooperatives Mitglied aufgenommen, der Jahresmitgliedsbeitrag wird von 80DM auf 100DM angehoben. Der gesamte Vorstand wird wiedergewählt.[12]
Die Herbstversammlung am 14. und 15. November in Kassel muss zunächst einen Nachtragshaushalt absegnen, der nur akzeptiert wird, weil die Distriktsvorsitzenden im Gegenzug die Anhebung der OV-Sockelbeiträge und der OV-Anteile (auf 12% des Beitragsaufkommens im Ortsverband) durchsetzen. Die Zentrale in Baunatal bekommt also nach der Beitragserhöhung weniger als ursprünglich geplant war. Zum Verlustvortrag aus 1986 (166.000DM) kommen voraussichtlich 228.000DM aus 1987 – keine Frage, dass der Gürtel enger geschnallt werden muss. Dennoch führt kein Weg an der erforderlichen Erneuerung der EDV-Anlage vorbei - acht Jahre sind bei der raschen Entwicklung eine zu lange Zeit -, und auch die QSL-Sortieranlage muss ausgebaut werden, damit die durchschnittlich 22.000 Karten pro Tag bewältigt werden können.[13]

1988
Die (Sammel-)Sonder-DOKs ARS, SDK und SDV laufen aus. Zunächst wird für das ganze Jahr der Sonder-DOK YL88 eingeführt; bald folgen die ereignisgebundenen Vergaben, wie man sie bis heute kennt.
Am 4. April wird das erste DLD-1000 CW verliehen. Dr. Fritz Winkelmann, DL8TC, mittlerweile 82, hat es geschafft, CW-QSOs mit 1004 DOKs nachzuweisen.
Die CEPT reorganisiert sich. Um die Wirksamkeit der Gruppe Funkwesen zu steigern und die Zusammenarbeit mit der Industrie zu verbessern, wird sie auf das Niveau eines Koordinations-Komitees (CR) erhoben und erhält zwei Arbeitgruppen. Eine der beiden, T/GT15 ist die Regulatory, Administrative and Radio Frequency Working Group (RARF), in deren Aufgabenbereich auch die CEPT-Lizenz für Funkamateure fällt. Die Gruppe ist prominent besetzt mit D.I. Court, G3SDL, als Vorsitzenden und Thormod Boe, LA7OF, als dessen Stellvertreter. Mit der Europa-Lizenz geht es denn dann auch flotter als bisher weiter.[14] Beigetreten sind mittlerweile Belgien, Dänemark, die BRD, die Benelux-Länder, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, Österreich, Schweden, die Schweiz und Spanien.
Die Hauptversammlung des Amateurrats tagt am 28. und 29. Mai in Trier. Abgesehen von organisatorischen Details geht es vor allem ums Finanzielle: Der Fehlbetrag aus 1986 und 1987 hat sich auf 306.000DM summiert, wodurch das Vereinsvermögen auf 845.000DM reduziert wurde.[15]
Der DARC-Verlag feiert den zehnjährigen Bestand. 1978 als hundertprozentige Tochter des DARC gegründet, um durch die Trennung von Klub und Handel die Wiedererlangung der Gemeinnützigkeit zu erreichen, bedient der Verlag die Mitglieder nun mit sechs Vollzeitkräften und einer Halbtagsmitarbeiterin.
Im Dezember wird Armenien von einem katastrophalen Erdbeben erschüttert. Die Stadt Leninakan wird fast vollständig zerstört. Funkamateure halten die Basis-Kommunikation aufrecht. Aus Deutschland beteiligen sich vor Ort Bernd Länger, DL1VJ, und Eckart Barendt,
DJ6EB.
Höhepunkt der Beratungen anlässlich der Herbstversammlung des Amateurrats am 12, und 13. November in Kassel ist die Mitteilung, dass dem DARC die Wiederanerkennung der Gemeinnützigkeit in Aussicht gestellt worden sei.[16]

Was sonst geschah
Eines der beliebtesten Leistungsdiplome, das von der US-Zeitschrift CQ herausgegebene Worked all Zones feiert im Sommer 1986 den 50. Geburtstag.
DXpeditionen nehmen neue Dimensionen an. Die Erstaktivierung der Peter I-Insel, 3Y1EE und 3Y2GV, durch LA1EE und LA2GV im Januar/Februar 1987 ist ein frühes Beispiel professionell organisierter Unternehmungen. Im Log stehen 15.841 Verbindungen (zeittypisch: 10.090 SSB, 5.703 CW, 48 RTTY).
Österreich führt ab 1987 den ADL (Austrian District Locator) ein, ein Pendant zum DOK.
Im Sommer 1988 wird das letzte deutsche Feuerschiff, die „Borkumriff“ eingezogen und außer Dienst gestellt. Das Schiff und die Insel Borkum haben eine besondere Bedeutung in der Geschichte des Funkwesens: Unter der Leitung der damaligen Reichs-Telegraphenverwaltung wurden auf diesen beiden Standorten am 15. Mai 1900 die weltweit ersten „Küstenfunkstellen für den öffentlichen Verkehr“ in Betrieb genommen.[17]
In Großbritannien stellt man anlässlich des 75. Jahrestages der Gründung erste Überlegungen für eine Einsteiger-Lizenz an, erreichbar in „Grundkursen von dreißig Stunden Dauer. Diese sollen sich neben dem Erlernen der gesetzlichen Vorschriften auf die Führung einwandfreier QSOs konzentrieren“, schlägt RSGB-Sekretär David Evans, G3UOF, vor.[18] Die Realisierung eines vergleichbaren Vorschlags erfolgt erst mehr als 15 Jahre später.
Seit Mitte November 1988 kommt wieder Amateurfunk aus dem Orbit. An Bord der sowjetischen Raumstation MIR wird eine 2m-FM-Station installiert, und Vladimir Titow und Mousa Manarov melden sich als U1MIR und U2MIR.
Zehn Jahre AMTOR: Am 9. September 1978 wurde das erste AMTOR-QSO abgewickelt zwischen Pater Martinez, G3PLX, und David Wicks, G3YYD, auf 2m über eine Distanz von 200km.

Mitgliederentwicklung
Die Entwicklung wird nicht mehr öffentlich dargestellt. Eine Ursache dürfte in der anhaltenden Stagnation zu suchen sein. Statistische Angaben liegen uns leider erst wieder ab 1990 vor. Per 31.12. betrug die Mitgliederzahl im DARC 1986 49.684 (+1,9%), 1987 50.598 (+1,9%).



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