Amateurfunkgeschichte Deutschland - Folgen 42 und 43


Donner-Nachhall am Heiligen Berg

Donner-Nachhall am Heiligen BergzoomNatürlich versuchen es vor allem griechische Amateure immer wieder, denn sie allein sind als Verantwortliche zugelassen, aber nur wenige Anwärter sind ernsthafte Kandidaten. Zur Erinnerung: Bis vor kurzem haben sich die Briten und Amerikaner die SV-Rufzeichen geteilt und nur wenigen Handverlesenen Ausnahmegenehmigungen erteilt. Im Herbst 1972 signalisiert die Fernmeldebehörde dem Präsidenten des Amateurfunkverbands NARUG unter der Hand, dass er abermals gute Chancen habe. Voll Optimismus wird der 21. April 1973 als Starttermin in Aussicht genommen und eine internationale Mannschaft angeworben. Der Zeitrahmen wird eng: Erst am 18. April trifft die Genehmigungsurkunde ein. Tags darauf reisen die Teilnehmer an: Din, SV1DB, ist wieder Expeditionsleiter. Aus Griechenland kommen Aris Germanis, SV1GA; Aris Economou, SV1ER; Dinos Nomikos, SV1GK; und Manos, ein SWL. Ihnen zur Seite stehen: Willy Rüsch, HB9AHL; Ernst Hausheer, HB9KB; Felix Körner, DL1CU; Albert Fance, DL8ME; Baldur Drobnica, DJ6SI; Rudolf Kalocay, DK5OS; und Frank Turek, DL7FT. Zwölf recht unterschiedliche Charaktere aus drei Ländern. Das wird, wie man später leidvoll erfährt, zu Konflikten führen.
Der Anmarsch ist lang und beschwerlich. Vom Treffpunkt Athen geht es über Saloniki zum Hafen Uranopolis – fast tausend Kilometer in einem klapprigen Bus. Am Vormittag des 21. April wartet das kleine gecharterte Fischerboot und bringt das Team zunächst zum Hafen Dafni, wo der Zoll von Athos die Gruppe empfängt. Jeder Ausländer muss eine Befürwortung seiner Athener Botschaft vorweisen, um eine befristete „License of stay“ zu erhalten. Geräte und Zubehör werden peinlich genau registriert. Und dann, endlich, darf man landen – und am Kai stehen für den Materialtransport nur ein paar Mulis bereit! Din organisiert den einzigen Unimog von Athos, und in halsbrecherischer Fahrt geht es auf die 600m hoch gelegene Passhöhe von Karies. Um Punkt 16 Uhr kommt man an, und Frank schleudert eine Wurfantenne auf den höchsten Baum, wirft den Generator an und fährt nach nur 27 Minuten das erste QSO, während die anderen Teammitglieder noch mit dem Ausladen beschäftigt sind. Das gewünschte SY-Rufzeichen war leider ausgeblieben, aber SV1DB/A entpuppt sich bald als Anziehungspunkt für ein unvorstellbares Pile-up. Die zweite Station wird bereits im Zelt errichtet, und bei Temperaturen nahe dem Nullpunkt wird bis tief in die Nacht gefunkt.
Am 22. April wird der Hy-gain-Beam aufgestellt – und funktioniert nicht, Kurzschluss! Zum Glück hat man als Ersatz eine Fritzel-23 dabei, der große Generator wird angeworfen und versorgt die Eigenbau-Endstufe mit einer Varian 3-500 Z. Alles ist eitel Freude – bis plötzlich ein Jeep der Polizei auftaucht, mit dem Polizeikommandanten von Athos in Person. Strenge Kontrolle: Wie, Sie haben drei Geräte in Betrieb, aber nur ein Rufzeichen? Zwei Geräte werden beschlagnahmt und landen im Land-Rover des Polizeichefs. Man könne im Fall einer Panne ja jederzeit ins Tal absteigen und einen Gerätetausch vornehmen. Das hätte jedes Mal vier Stunden Zeitverlust bedeutet, wie das Team bald feststellt, weil man jeden Tag um Wasser und Brot nach Karies tippeln muss.
Am 25. April um 10:15 UTC wird die letzte Funkverbindung getätigt. Statt der geplanten zehntausend stehen nur knapp fünftausend QSOs im Log, aber jeder im Team hatte sein Bestes gegeben.
Die Rückreise wird zum Abenteuer. Hoher Wellengang setzt ein, das Schiff leckt, das Gepäck schwimmt im Laderaum, die Endstufe und ein Generator sind bereits unter Wasser; der Schiffsdiesel fällt aus. Der Kapitän fragt trocken: Wer von Euch kann schwimmen? Das Schiff sinkt! Im buchstäblich letzten Augenblick taucht ein anderes Boot auf und nimmt den Havaristen in Schlepptau. Die Landung in Uranopolis erfolgt bei strahlender Sonne!
Bis hierher ist die Geschichte der Athos-Expedition eine einzige Erfolgsstory. Aber bald folgen, Schlag auf Schlag, die Kalamitäten:
Zunächst berichtet Geoff Watts im DX News Sheet [3], man wünsche „donations“ für die Refinanzierung und gibt als Empfänger W6TSQ an. Im Namen der NARUG wird heftig dementiert. Dann schafft ein Pirat Verwirrung, der unbeirrt auf 80m (einem für die Expedition nicht genehmigten Band) in CW bestritten hatte.
Und dann erweist sich Frank Turek, DL7FT, als enfant terrible der
Mannschaft. Es stellt sich heraus, dass er der Autor der Falschmeldung an das DXNS war. Angeblich soll er in der Folge einen Transceiver aus den USA bekommen und zu seinen Gunsten verkauft haben. Willy Rüsch, HB9AHL, verrät in einem Leserbrief an die QRV [4], dass es bereits während der Expedition Probleme mit Frank gegeben habe. Er bezeichnet sein „Betragen vor, während und nach der DXpedition als einfältig, wenn nicht als infantil.“ So habe Frank u.a. in einem „Befehl“ an SV1DB eigens für sich ein Arbeitszelt, eine Station, Antennen und einen Generator abseits der übrigen Teammitglieder verlangt; anderenfalls käme er nicht mit. Er habe nicht nur seinen Reisekostenanteil vor Ort einbehalten sondern auch den gesamten Teilnahmebeitrag nicht überwiesen – mit einem Ultimatum, er werde dies auch nicht tun, wenn man ihn nicht als alleinigen QSL-Manager der Expedition bezeichne. Dies war eine Replik auf den berechtigten und mit Nachweisen untermauerten Vorwurf, er habe gegen Bezahlung manipulierte Athos-QSLs für nie getätigte Funkverbindungen ausgestellt. Als auch eine zweite nicht legitimierte QSL-Version auftauchte, druckt Felix, DL1CU, neue Karten, die mit dem Verbands-Stempel der NARUG und dem Vermerk „logged by NARUG“ versehen wurden. (Frank, der seine DX-Laufbahn als ZA2RPS in Tirana, Albanien, begonnen hatte, aktiviert bis zu seinem Tod im August 2004 mehr als 40 DXCC-Gebiete. In Zusammenhang mit Athos sorgt er noch einmal für Aufregung: 1986 sendet er vom 3. bis 25. Mai vom Heiligen Berg, besitzt aber nur eine Gastlizenz für Rhodos, die von der griechischen Fernmeldebehörde widerrufen wird. Die Aktivierung wird schließlich dennoch für das DXCC anerkannt. [5]



<< zurück | < zur Übersicht



QSL Collection - Dokumentationsarchiv Funk

Exclusive Media System Service

Sponsor - Netzwerkadmini...

Exclusive Media System Service