02 - Broadcasting! Faszination für Abertausende


Dieser Abschnitt wird gefördert durch Zuwendungen von: DARC OV W05 Magdeburg-Nord (Chronik ab 1923)



SPOT - Die Geschichte des Rundfunks in Deutschland beginnt 1922
Rev. 09/20



02A Überall beginnt Broadcasting, Radio, Unterhaltungsrundspruch...

02A Überall beginnt Broadcasting, Radio, Unterhaltungsrundspruch...zoom01 - 1921: Frankreich: Radio Tour Eiffel, Paris [01b]
02 - 1921: Frankreich: Radio Tour Eiffel, Paris, Telefonieröhrensendertisch
03 - 1922: England: Die BBC beginnt mit 2LO London, 5IT Birmingham und 2ZY Manchester. Die Lizenz folgt erst 1923. (Frankreich: Radiola)
04 - 1923: Österreich: Radio Hekaphon. (Niederlande: Nederlandsche Seintestellen Fabriek, Hilversum . Australien: 2SB Sydney. Belgien: Radio Bruxelles)
05 - 1924 Ungarn: Radiovox Budapest
06- 1924: Spanien: EAJ-1 Radio Barcelona (Italien: URI, Unione Radiofonica Italiana)
07 - 1924: Österreich: RAVAG, Radioverkehrs AG Wien




02B Die ersten Sendungen kommen aus Königs Wusterhausen

02B Die ersten Sendungen kommen aus Königs WusterhausenzoomDer Sender Königs Wusterhausen auf dem Funkerberg (ehemals Windmühlenberg) in Brandenburg nimmt 1916 als militärische Funkstelle des Heeres mit dem Rufzeichen LP den Sendebetrieb auf. [Abb.li 1918[. Im September 1919 wird die Reichspost Eigentümer und betreibt den nationalen und internationalen Telegrammdienst sowie Funksonderdienste und unternimmt ab Anfang 1920 Versuche zur Übertragung von Sprache und Musik auf 1300m und Rundfunk auf 2.525, 2.900 und 4.000m, beginnend mit dem Weihnachtskonzert am 22. Dezember 1920, einem Osterkonzert am 23. März 1921 und einer Aufführung der Oper Madama Butterfly. am 8. Juni 1921. Über den neuen Rundfunkverstärke [Abb. 02] gibt es vom 13. Mai 1923 bis 24. Januar 1926 regelmäßige Sonntagskonzerte, wobei man einen Telefonhörer mit einer Grammophonnadel an der Membrane zur direkten Abtastung der Schallplatte nutzt, aber auch die Postbeamten auf ihren privaten Instrumenten Musikstücke spielen. Man beachte die auf den Instrumenten angebrachten Mikrofone [Abb.03].- Hochfrequenz-Kontrollraum 1928 [Abb.04].



Download [2.25 MB]'Wie Königs Wusterhausen zum ersten deutschen Rundfunksender wurde' von Telegrafendirektor Gerlach [PDF , 2.25 MB]

Zum 100. Jubiläum gibt es vom DARC Ortsverband Königs Wusterhausen (Y07) eine Sonderstation 100BKW mit Sonder-DOK und drei Diplomen. Mehr dazu auch bei 100 Jahre Rundfunk




02C Bürokratie, Politik und Wirtschaft im Widerstreit der Interessen

02C Bürokratie, Politik und Wirtschaft im Widerstreit der InteressenzoomReichspostministerium, Berlin [Abb. li]. Die Zeit vor dem öffentlichen Zugang zum Rundfunk ist geprägt von einem heftigen Disput zwischen der Ministerialbürokratie, namentlich im Reichspostministerium (RPM) und seiner Reichstelegraphenverwaltung (RTV) und dem Ministerium des Inneren. Mit wachsender Aufmerksamkeit – und Sorge - beobachtet man den radikalen Siegeszug des „Broadcasting“ in den USA, in Europa und vor allem beim Hauptkonkurrenten Marconi in England. Da will die Fachindustrie nicht tatenlos bleiben. Die beiden größten Unternehmen, Telefunken und Lorenz [Abb.01] reichen am 16. Mai 1922 der RTV einen Konzessionsantrag zur Errichtung und zum Betrieb von Sende- und Pläne für Empfangsanlagen ein. Nur wenige Tage später tritt ein Mann auf, der dafür sorgt, dass dieser Antrag bald vom Tisch is,t und der sich selbst als treibende Kraft bei der Schaffung des deutschen Rundfunks etabliert:
Dr. Ernst Ludwig Voss (1880-1961) [Abb.02] nimmt als Legationsrat im Auswärtigen Amt seit 1919 an den von Ängstlichkeit und Argwohn geprägten Beratungen der Reichsfunkkommission teil und erkennt das wirtschaftliche Potenzial des Funkwesens. Als im Juli 1920 aus einem Referat der Außenhandelsstelle im AA die Eildienst für amtliche und private Handelsnachrichten GmbH wird, tritt er als Vorsitzender und Treuhänder des Verwaltungsrates Generalkonsul Dr. Ludwig Roselius auf und mischt als Generaldirektor mit. Aus dem Telegrafendienst wird ein Sprechfunk mit plombierten Geräten. Dieser Wirtschaftsdienst erreicht 400 Kunden in 100 Orten. Damit ist das System geschaffen: Die Post kontrolliert die Sende- und Empfangsanlagen, für das Programmangebot wird ein privatwirtschaftliches Unternehmen konzessioniert. Im Mai 1922 gründet Voss ein Tochterunternehmen der Eildienst, die Deutsche Stunde, Gesellschaft für drahtlose Unterhaltung und Belehrung mbH, holt sich als Gesellschafter Roselius, der sich die Stimmanteile 50/50 mit der Post teilt, und stellt, nur zwei Wochen nach der Initiative der Industrie, das zweite Konzessionsansuchen. Zunächst plant man einen Zentralfunk mit "lautsprechender Telephonie" aus Königs Wusterhausen, dann der besseren Verbreitung wegen einen Saalfunk über Großlautsprecher in kinoähnlichen Sälen. Bei dieser Gelegenheit stellt Bredow fest, die Reichstelegraphenverwaltung (RTV) sei aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, den neuen öffentlichen Funkdienst selbst aufzubauen, die private Deutsche Stunde werde dies auf eigene Kosten übernehmen. Mit stiller Billigung Bredows bereitet Voss die Gründung der neun regionalen Programmgesellschaften vor[Abb.03], sucht und findet dafür Kapitalgeber. (Erste Gründung ist am 18. September die Deutsche Stunde in Bayern[Abb.04,05], die allerdings erst im April 1924 zu senden beginnt.) Jetzt aber mischt sich das RMI ein, das Innenministerium: Rundfunk sei ein Politikum und müsse vor dem Zugriff staatsfeindlicher und umstürzlerischer Kräften geschützt werden. Andererseits sei der neue Funkdienst ein ideales Propagandamittel für die Belange der Regierung [03, 04]. Man einigt sich: Die Deutsche Stunde werde „einen reinen Unterhaltungsrundfunk unter Ausschluss von Pressemeldungen und politischen Nachrichten eröffnen.“ Eine weitere Konzession erhält eine vom Reich finanzierte und kontrollierte „Gesellschaft … bei der dem RMI die Möglichkeit gegeben ist, die Interessen seines Ressorts sicherzustellen.“ Das ist „um politischen Missbrauch zu verhindern“ für „Tagesnachrichten und Darbietungen politischen Inhalts“ der Drahtlose Dienst, Aktiengesellschaft für Buch und Presse“, kurz DRADAG. Voss hat nun endlich freie Hand für die Schaffung des ersten Regionalsenders, natürlich jenen in Berlin. Er findet einen geeigneten Partner, die Vox Schallplatten- und Sprechmaschinen-AG. Vox gehört zur Holding Hauptverwaltung für Industrie GmbH in der der Kolonialkaufmann August Stauch sein Vermögen aus Diamantenfunden in Deutsch-Südwestafrika angelegt hat. Stauch stellt die Räumlichkeiten bei, vor allem aber das Kapital. Die RTV beauftragt das Telegraphentechnische Reichsamt am 20. September 1923 mit dem Senderbau und die Oberpostdirektion mit der Errichtung der Antenne. Bereits am 18. Oktober beginnen die Versuchssendungen. Am 29. Oktober um 20.00 Uhr wird der reguläre Sendebetrieb eröffnet. Voss ist am Ziel.
Zentrale Persönlichkeit von den ersten Ansätzen bis zu seiner Amtsenthebung 1933 ist Reichsrundfunk-Kommissar Hans Bredow, gemeinhin als „Vater des Rundfunks“ bezeichnet.






02D Hans Bredow

02D Hans BredowzoomIn New York City gründet Bredow 1911 die Atlantic Communication Company für den transatlantischen Schiffs- und Überseefunk zwischen Sayville und Nauen. 1912 koordiniert er die technische Kooperation zwischen der Kabel- und Funktelegrafie und baut mit der Deutsch-Niederländischen Telegraphengesellschaft die Deutsche Südsee-Gesellschaftfür die drahtlose Telegrafie zur Kolonie Deutsch-Neuguinea auf.
1913 erreicht er in New York City die Vereinbarung eines Dienstes der Funktelegrafie zwischen Deutschland, Nordamerika und Südamerika über die Stationen Sayville, Nauen und Cartagena. Sie führt zur Gründung der Sociéte Anonyme Internationale de Télegraphie sans Fil in Brüssel und der Amalgamated Wireless Australasian Ltd. in Sydney. 1914 erfolgte kurzzeitig die Aufnahme des Funkdienstes von Nauen nach Togo, Deutsch-Südwestafrika und Kamerun.
1917 baut Bredow für die niederländische Regierung eine Funktelegrafie-Verbindung nach Java. 1917 wird Nauen zur Großstation für den Weltfunkverkehr ausgebaut. Den Betriebsdienst übernimmt die Transradio-Gesellschaft die Bredow leitet.
1918 wird Bredow zum Vorsitzenden des Direktoriums der Telefunken-Gesellschaft ernannt. Im März 1919 wechselt er als Ministerialdirektor zum Reichspostministerium und beginnt mit der Einrichtung eines „Reichsfunknetzes“.
Am 19. November 1919 zeigt Bredow in einer öffentlichen Veranstaltung die Wirkungsweise des Unterhaltungsrundspruchs. (Zwei Jahre später prägt er in einem Vortrag erstmals den Begriff Rundfunk.) Am 1. April 1921 wird er Staatssekretär für das Telegrafen-, Fernsprech- und Funkwesen und beginnt mit der Organisation eines öffentlichen Rundfunks, die 1923 erfolgt. - 1925 wird die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG) gegründet und Bredow 1926 zum „Reichs-Rundfunk-Kommissar“ und zum Vorsitzenden der RRG ernannt.
Am 21. März 1933, dem "Tag von Potsdam", reicht Bredow nach Jahren der NS-Stimmungsmache gegen ihn seinen Rücktritt ein. Als seine engsten Mitarbeiter verhaftet werden, verlangt er, ihr Schicksal zu teilen. Daraufhin verbringt er 16 Monate im Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit. Seine und Hans Fleschs Verurteilung durch das Landgericht Berlin wegen Teilnahme am Parteiverrat wird im Februar 1937 durch das Reichsgericht aufgehoben, das Verfahren vor dem Landgericht Berlin im März 1938 eingestellt.
Vom 24. April bis 4. August 1945 ist Bredow Oberpräsident der preußischen Provinz Nassau in Wiesbaden und von 1949 bis 1951 Vorsitzender des Verwaltungsrates des Hessischen Rundfunks. [01a]


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02E 29. Oktober 1923 - Der erste Sendetag

02E 29. Oktober 1923 - Der erste Sendetagzoom„Achtung, Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Voxhaus auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt. Die Benutzung ist genehmigungspflichtig.“ So beginnt die erste Sendung des ersten regelmäßigen (kommerziellen) Rundfunkdienstes in Deutschland. Moderator ist der geschäftsführende Direktor Friedrich Georg Knöpfke. (Zehn Jahre später, im September 1933, nimmt er sich nach Misshandlungen durch die Gestapo das Leben.)



01-03 - Vox-Haus ("Schallplatten- und Sprechmaschinen AG") in der Potsdamer Straße 4
04 - Einrichtungen im 4. und 5. Obergeschoß nach dem Ausbau
05 - Der Sendesaal im 4. Obergeschoß
06 - Der große Sendesaal
07 - Das Studio mit dem Meister-Harmonium
08 - Das Studio mit dem Schwechten-Flügel
09 - Der zweite Sender am Magdeburger Platz
10 - Sendestelle am Magdeburger Platz
11 - Sonder-QSL-Karte 90 Jahre Radio , 2013
12 - Sendespielprobe im Aufnahmeraum der Funkstunde Berlin
13 - Eine Regiesitzung der Funkstunde. V.l.: Bruno Seidler-Winkler, Direktor Wilhelm Wagner, Direktor Friedrich Georg Knöpfke, Cornelius Bronsgeest, Alfred Braun



Download [1.4 MB]Die FunkStunde, Nr. 4, 7. Dezember 1924 [PDF , 1.4 MB]

02F Der Hype erfasst Deutschland - die Verwaltung gerät in Zugzwang

02F Der Hype erfasst Deutschland - die Verwaltung gerät in ZugzwangzoomDie Begeisterung kennt keine Grenzen. Das neue Wunder "Broadcasting" fasziniert die Massen. Im Selbstbau entstehen nach Vorlagen die ersten Detektoren-Empfänger: Man braucht keinen Strom, keine Batterien, nur den berührungs- und erschütterungsabhängigen Quarz. In den Buchläden liegt Fachliteratur aus, am Kiosk gibt es Fachzeitschriften.
Rechtliche Grundlage für den Sendebetrieb ist noch immer das Telegraphengesetz von 1892 mit der Novelle vom 7. März 1906, das der Reichspost die alleinige Hoheitsverwaltung überträgt. Ohne rechtliche Absicherung werden am 24. Oktober 1923 mit der Verfügung Nr. 815 über die Einführung eines Unterhaltungs-Rundfunks in Deutschland die Durchführungsbestimmungen erlassen,[08] (siehe 02H). Erst auf Basis einer Not-Verordnung zum Schutze des Funkverkehrs, die am 8. März 1924 vom Reichspräsidenten erlassen wird und am 4. April in Kraft tritt (siehe 02G) und im Mai 1924 durch die Verfügung des RPM Nr. 273 und die im Zusammenhang mit ihr erlassenen Richtlinien sichert sich das RPM sukzessive die entscheidende Rolle in allen Belangen, von der Genehmigung zum Gerätebau, der Errichtung und dem Betrieb der Sendeanlagen, der Kontrolle über die Sendegesellschafte und der Regelung der Empfangsbewilligung bis zur finanziellen Abwicklung der Hörergebühren.



Download [321.65 KB]Rundfunkdienste 1924 (Aus: Eugen Nesper, "Der Radio-Amateur" 6. Aufl. 1925) [PDF , 321.65 KB]
Download [390.76 KB]Verordnung zum Schutze des Funkverkehrs vom 8. März 1924 [PDF , 390.76 KB]

01 - Detektor Aeara, 1924
02 - Detektor, Eigenbau, ca 1925 [05]
03 - Detektor mit Schiebespule, unbekannter Hersteller [06]
04 - Aufsteckdetektor-Luxor-mit-Detektor-Kristall-Pyrit
05 - Anfangs müssen alle Bauteile im Selbstbau hergestellt werden. Ausschnitt aus: Der Radio-Amateur, Zeitschrift für Freunde der drahtlosen Telephonie und Telegraphie hg. von Eugen Nesper und Paul Gehne
06 - Viele Kleinunternehmen entwickeln oder importieren Bauteile und Fertiggeräte - nur wenige können sich auf dem Markt halten
07 - Rasch stellen sich auch die finanzkräftigen großen Unternehmen auf den neuen Bedarf ein
08-10 - Es entstehen Spezialanbieter wie die Fritz Hofmann A.-G.in München (FRIHO [07]
11, 12 - Als Fachbuchverlag etabliert sich die für populärwissenschaftliche Veröffentlichungen bekannte ist ihr prominentester Autor.
13 - "Anleitung zum Betrieb einer kleinen Radiostation", 1923
14 - "Die Welle" Das große deutsche Radio-Magazin - ein Beispiel für viele




zoom[Abb.li] Reisz-Mikrofon [09] - Am 10. Dezember 1923, sechs Wochen nach Sendestart, wird die „Radio-Stunde AG“ als Nachfolger der „Deutschen Stunde“ ins Leben gerufen. Mit dieser Gesellschaft, die 1924 unter dem Namen Funk-Stunde AG ins Handelsregister eingetragen wird, nehmen die neun regionalen Sendegesellschaften den Dienst auf. Bald erreicht die Funkstunde das gesamte Deutsche Reich. Von Anfang an bietet die rasch wachsende Funkindustrie empfangsbereite Geräte an, vom Detektor bis zu Luxusgeräten. Diese präsentiert sie bereits 1924 bei den ersten „Großen Funkaustellungen“ in Berlin, Frankfurt und Stuttgart. Nur wenige können sich das Angebot leisten. Zu Tausenden und Abertausenden treten die „Funkamateure“ den im ganzen Reich sprunghaft entstehenden Funkvereinen bei, um dort einen Detektor oder ein einfaches Röhrengerät zu basteln und Erfahrungen auszutauschen.



15 - Das Logo der Funkstunde Berlin wird von der Reichsrundfunkgesellschaft RRG übernommen[10]
16 - Binnen kurzer Zeit ist das gesamte Reichsgebiet mit Sendegesellschaften abgedeckt. Nur in der besetzten Zone im Rheinland ist Rundfunk verboten
17 - 1924 finden in Berlin, Stuttgart und Frankfurt die ersten Großen Funkausstellungen statt. Bild: Messestand in Stuttgart der Fa. Bargfeld
18 - Katalog der ersten Berliner Funkausstellung, 1924
19 - Spitzengerät bei der Berliner Ausstellung ist der Siemens "D-Zug" (v.l.n.r. Rfv2, Rfe1 und Rfv1 mit Trichterlautsprecher Rfl1)[11]
20 - Freilich können sich angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage und der Hyper-Inflation nur wenige ein kommerzielles Gerät leisten. Der Detektor im Eigenbau ist das optimal Mögliche. Die Kosten der ersten Rundfunklizenzen liegen bei 60 Goldmark oder 780 Milliarden Mark. Erst die Einführung der Rentenmark entspannt die Situation




02G "Funkfreunde" kontra Obrigkeitsmacht

02G 'Funkfreunde' kontra ObrigkeitsmachtzoomDie Entwicklung gerät aus dem Ruder: Das RPM klagt; Es ist eine Bewegung entstanden, die gegen das Regal des Reiches planmäßig vorgeht; sie wird von Leuten geleitet, die am Massenabsatz von Funkgerät unmittelbar oder mittelbar interessiert sind und die erreichen wollen, daß der Funkempfang ganz allgemein zu beliebigen Zwecken freigegeben wird. (…) Es wird ganz offen dafür Propaganda gemacht; es werden ganze Funkempfangsapparate sowie auch Einzelteile angeboten; es wird gezeigt, wie man solche Einrichtungen selbst herstellen kann, und wie man sie durch die Art ihres Aufbaus verbirgt und der Überwachung entzieht. Alles dies geschieht in einer Form, gegen die gesetzlich einstweilen nur schwer und nur unter Bekämpfung jedes Einzelfalls eingeschritten werden könnte."[12] Und: Die Zahl der geheimen Funkanlagen ist in steter Zunahme begriffen. Das Bestehen solcher Anlagen gefährdet ernstlich die Sicherheit des Staates und der öffentlichen Ordnung, da sie für staatsumstürzlerische Kreise die Möglichkeit bietet, sich ein umfassendes geheimes Nachrichtennetz zu schaffen, das in Fällen von Gefahr die Durchführung von Maßnahmen der verfassungsmäßigen Regierung ernstlich gefährden kann. Am 8. März 1924 erlässt der Reichspräsident eine Notverordnung zum Schutze des Funkverkehrs, die den Begriff der "Telegraphenanlagen, welche ohne metallische Leitungen Nachrichten vermitteln", durch "Funkanlagen" ersetzt.[13] Jetzt ist die Rechtslage klar, und die Behörden können rigoros gegen Schwarzhörer durchgreifen: Allein die fünf größten Funkvereine haben 15.000 Mitglieder; im ganzen Reich gibt es aber zunächst nur 560 zahlende Teilnehmer.
Mit immer neuen Richtlinien, Einzelverfügungen und mit immer härteren Restriktionen und Kontrollbestimmungen des RPM – bis hin zu Hausdurchsuchungen bei Schwarzhörern („Zaungästen“) - versucht man, den Wildwuchs unter Kontrolle zu bringen.



Download [1.22 MB]"Ein Jahr Rundfunk" Hans Bredow in der "Funkstunde" vom 16. November 1924 [PDF , 1.22 MB]
Download [1.39 MB]Gesetze und Verordnungen 1924/25 [PDF , 1.39 MB]

02H Die Audion-Versuchserlaubnis und das Deutsche Funkkartell

02H Die Audion-Versuchserlaubnis und  das Deutsche FunkkartellzoomZunächst werden ohne rechtliche Absicherung am 24. Oktober 1923 mit der Verfügung Nr. 815 über die Einführung eines Unterhaltungs-Rundfunks in Deutschland die Durchführungsbestimmungen erlassen, [08]. Bredow erkennt aber bald, dass eine Lösung nur mit den Funkverbänden erzielbar ist. Diese wiederum erkennen, dass ihnen nur die Zusammenarbeit mit der Post die gewünschte Anerkennung bringt.
Im Januar 1924 werden alle Radioklubs mit ausdrücklicher Billigung des RPM zum Deutschen Funk-Kartell mit vorläufigem "Vorort" (Sitz) beim Funkverband Niederdeutschland e.V. in Hamburg zusammengefasst. Vorsitzender für 1924 (bei jährlich geplantem Wechsel) ist Landrichter Dr. Friedrich Denker, gefolgt von Univ.-Prof. Dr. H.G. Müller, Generalsekretär wird Ziviling. Friedrich Schmidt. Die Geschäftsstelle befindet sich am Alsterdamm 14-15. Das Kartell vereint bei der Gründung 15.000, zum Jahresende 33.398 Mitglieder von Radiovereinen.
Ende Januar 1924 kommt es anlässlich der Tagung des Vereins der Funkfreunde in Berlin zu einer grundlegenden Aussprache zwischen den wichtigsten Funkverbänden und dem RPM und einer Grundsatzrede Bredows. (Beide hier vollinhaltlich wiedergegeben.) Am 14. Mai 1924 erfolgt mit der Verfügung Nr. 273 schließlich eine Gesamtregelung.[14] Für die Geräteindustrie fällt das Monopol von Telefunken - Lorenz - Huth; „Funkfreunde“ dürfen nun auch selbstgebaute oder gekaufte, aber „ungestempelte“ (d.s. von der RTV nicht zugelassene) Detektorempfänger benutzen und erhalten dafür eine Genehmigungsurkunde (Detektor-Versuchserlaubnis). Der Eigenbau von Röhrenempfängern ist jedoch an den Nachweis der erforderlichen technischen Kenntnisse gebunden, für die eine Audion-Versuchserlaubnis ausgestellt wird. Sie wird nur den Mitgliedern postalisch anerkannter Funkvereine erteilt [15], in deren Vorstand sich Mitarbeiter der Behörde befinden müssen. Zunächst nehmen sie die Prüfung ab, später wird dieses Recht auch Funktionären im Vorstand zugebilligt. Den Vereinen bringt dies abertausende Neumitglieder; es gibt heftige Diskussionen über das Ausmaß und die Vermittlung der erforderlichen Kenntnisse [16]. Die Anmeldegebühren werden vereinfacht und herabgesetzt. Als die Praxis zeigt, dass die Überwachung der von den „Funkliebhabern“ gebauten Anlagen undurchführbar ist, wird schlußendlich – ein Jahr später – mit der umfangreichen Bekanntmachung über den Unterhaltungsrundfunk [17] das Regulativ entscheidend gelockert. Die Prüfung und Stempelung der Geräte sowie die Vorführgenehmigungen für den Einzelhandel entfallen; Detektor- und Audionerlaubnis werden durch eine einheitliche Gebühr ersetzt, man kann seine Geräte nun nach freiem Willen bauen oder kaufen. (Die definitive gesetzliche Regelung wird erst 1928 erfolgen.[18])
Die Arbeiterradio-Bewegung gehört dem Funkkartell nicht an. Für sie sind dessen Radiovereine bloß Kernzellen der Reaktion. Die Funkvereine wiederum lehnen die politisch-radikale Einstellung der Arbeiterradio-Bewegung ab.



Download [1.23 MB]Die Vereine im Deutschen Funkkartell [PDF , 1.23 MB]
Download [13.36 MB]Protokoll der grundlegenden Besprechung am 24. Januar 1924 in Berlin [PDF , 13.36 MB]
Download [697.71 KB]Grundsatzerklärung des Staatssekretärs Bredow zur Regelung des Funkliebhaberwesens, 24. Januar 1924 [PDF , 697.71 KB]
Download [2.17 MB]Die erste deutsche Radioamateurkonferenz im Reichspostministerium in Berlin, 24. Januar 1924 (RAFA 1.Jg/S44ff.) [PDF , 2.17 MB]
Download [981.55 KB]Mitteilungen des Deutschen Funk-Kartells, Heft 2/1925 [PDF , 981.55 KB]

01 - Das Vorbild: Die Radiolizenz in Großbritannien
02 - Verfügung 815 vom 14.10.1923, erste Seite
03, 04 - Vorder- und Rückseite der Genehmigung für Rundfunk-Empfangsanlagen
05 - Die sogenannte "Detektor"-Empfangsgenehmigung
06 - Die Audion-Empfangsgenehmigung
07 - Mitgliedskarte, Südwestdeutscher Radio-Klub, Stuttgart, einer der vom RPM anerkannten Vereine, denen die Abnahme der Prüfung für die Audion-Genehmigung gestattet ist
08 - Kalender 1925 des Funkkartells
09 - Experimentalvorträge im Südwestdeutschen Radio Club Frankfurt



Download [1.38 MB]Verfügung Nr. 815 vom 14.10.1923, voller Wortlaut (NBL RPM Nr.117/24) [PDF , 1.38 MB]
Download [67.79 KB]Januar 1925: Prüfungsabnahme beim Deutschen Radioklub Ogr Berlin-Beuth [PDF , 67.79 KB]
Download [520.09 KB]Hitzige Diskussion zur Audion-Versuchserlaubnis (Beispiel) [PDF , 520.09 KB]
Download [1.21 MB]"Wie erwerbe ich eine Funkerlaubnis?" - Im Auftrag des "Deutschen Funkkartells" hg.v. Hanns Günther, 1925 [PDF , 1.21 MB]

02I Die alliierte Rheinlandbesetzung 1919-1930

Die alliierte Rheinlandbesetzung ist eine Folge der militärischen Niederlage des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg. Beim Waffenstillstand von Compiègne vom 11. November 1918 muss die provisorische Reichsregierung einwilligen, dass Truppen der Siegermächte die linksrheinischen Gebiete und vier rechtsrheinische „Brückenköpfe“ mit je 30km Radius um Köln, Koblenz, Mainz und 10km Radius um Kehl besetzen. Das linksrheinische Gebiet sowie ein 50km breiter Streifen östlich des Rheins werden zur entmilitarisierten Zone erklärt. Der Versailler Vertrag von 1919 wiederholt diese Bestimmungen, befristetet die Anwesenheit der fremden Truppen aber auf 15 Jahre bis 1934.
In Köln, im englisch besetzten Gebiet, wird am 2. April 1924 der erste Radioverein gegründet. Der Kölner Radio Klub hat bald mehrere hundert Mitglieder. Da gemäß Verfügung der Interalliierten Rheinlandkommisssion Nr.71, Abs. 2 im besetzten Gebiet jedweder Rundfunkvrkehr verboten ist, kann den Mitgliedern nicht einmal ein Radioempfangsapparat vorgeführt werden, doch sollen die Mitglieder "vorerst theoretisch so weit vorgebildet werden, dass dieselben nach erfolgter Freigabe des Rundfunkverkehrs ... auch die komplizierteste Apparatur einwandfrei bedienen können." [19]
Nachdem die zu erbringenden Reparationsverpflichtungen des Deutschen Reichs mit dem Young-Plan scheinbar erreicht sind, wird die Rheinlandbesetzung zum 30. Juni 1930 vorzeitig beendet. – Für die Rundfunkentwicklung bedeutet dies, dass bis dahin sämtliche Regelungen nicht für das besetzte Gebiet gelten. Hingegen sind einige Amateurfunkstationen der Siegermächte anzutreffen. Der Text auf der Karte von b1CF_03 lautet: "Belgium have B2 and B4 not official ere two station official from Belgium 1.R.B. and 1.C.F. from Belgian Army in Germany occupation of Rhine my station is in Germany but Belgian,



Download [1.36 MB]'Der Rheinlandsender in Langenberg' (funk, Heft 25, Juni 1926) [PDF , 1.36 MB]

Fußnoten

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Quellen- und Bildnachweis

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